Die Corona-Pandemie habe an vielen Stellen das Beste in den Menschen hervorgebracht, sagte Wüst. Aber je länger die Krise dauere, desto zerbrechlicher fühle sich Solidarität an. Wenn das eigene Wohl auf dem Spiel stehe, komme es zu Neiddebatten, Angstdemonstrationen und Systemrelevanz-Diskussionen. So werde aus einer Gemeinschaft eine „Hackordnung“. Doch in der Krise behaupten könne sich der Mensch nur in der Gemeinschaft.
Für die Kirche forderte Wüst, nach Jahren der Diskussionen endlich mit Transformationen und Reformen ernst zu machen. Dabei müsse sich die Kirche immer der Frage stellen, ob sie Gott den Raum als Hauptfigur lasse oder ihn lediglich als Statisten behandele. Kirche könne sich nur verändern, wenn viele über ihren Schatten sprängen. An Zahlen und Statistiken lasse sich das Reich Gottes nicht messen, sagte sie. Nach ihrer Vorstellung von Kirche dürfe nicht länger an Formen und Ritualen festgehalten werden, die zu vielen Menschen nichts mehr sagten. Auch dürfe die Kirche nicht versuchen, es allen wohl machen zu wollen, weil sie damit ihr Profil riskiere.
Der scheidende Kirchenpräsident Schad mahnte in seinen Dankesworten die Gemeinsamkeit aller Christen an. Nur so könne den Menschen die Lebensdienlichkeit des Glaubens und die Freundlichkeit Gottes nahegebracht werden. Es sei für ihn immer Verpflichtung gewesen, nach der sichtbaren Einheit der Kirche als vielfältiger Gemeinschaft zu suchen. Ökumene habe in diesem Sinne viel mit Begegnung zu tun, mit dem Abbau von Vorurteilen und der Entdeckung von Gemeinsamkeiten.
Wegen der Corona-Beschränkungen wurden in dem Gottesdienst keine Grußworte gehalten. Dafür gab es Video-Grußworte, die auch jetzt noch auf YouTube abrufbar sind.. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, würdigte dabei den Einsatz Schads für die Ökumene. „Immer wenn es in Deutschland bei der Ökumene in den letzten Jahren vorangegangen ist, war Christian Schad dabei“, sagte er. Schad habe sich nie entmutigen lassen, sondern hoffnungsfroh und zuversichtlich an der Liebe Gottes in Christus festgehalten.
Die 55-jährige Wüst war im September vergangenen Jahres von der Landessynode zur neuen pfälzischen Kirchenpräsidentin gewählt worden. Zuvor war sie Oberkirchenrätin, Dekanin in Kaiserslautern und Gemeindepfarrerin in Weilerbach.