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„Mir hat etwas gefehlt“ – EKD


Mit solchen Menschen haben Dan Peter und seine Pfarrkolleginnen und -kollegen häufiger zu tun. Der Theologe leitet die Pressestelle der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in Stuttgart und ist dort unter anderem zuständig für die kirchliche Wiedereintrittsstelle. Sie ist eine der zentralen Wiedereintrittsstellen der EKD und arbeitet pastoral, wie er erklärt: „Das bedeutet, dass die Ansprechpartner bei uns Pfarrerinnen und Pfarrer sind, die Anrufer oder Besucher seelsorgerlich begleiten, sie aber auch direkt wieder in die Kirche aufnehmen können.“ Letzteres unterscheide die Stuttgarter Wiedereintrittsstelle von solchen, die Anrufer meist nur an die nächstgelegene Kirchengemeinde verweisen können.

Pro Tag meldeten sich durchschnittlich vier Menschen, die eine neue Sehnsucht nach der Kirche verspürten, berichtet Peter. Die meisten riefen an, manche kämen aber auch direkt in das Büro im Stuttgarter Westen, wie jener Mann, der neulich bei über 30 Grad schwitzend an der Tür der Wiedereintrittsstelle klingelte und, als ihm geöffnet wurde, sagte: „Endlich habe ich Sie gefunden.“

Manchmal stünden die Wiedereintrittswilligen derzeit aber auch vor verschlossenen Türen oder erreichten telefonisch niemanden, räumt Dan Peter ein. Krankheitsbedingt sei die Wiedereintrittsstelle diesen Sommer nämlich nicht dauerhaft besetzt.

Was sind die Gründe, dass Menschen, die einst aus Überzeugung austraten, nun zurückwollen in die Kirche? Laut der sogenannten Freiburger Studie zu Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer von 2019 ist einer der Hauptgründe für den Kirchenaustritt die Kirchensteuer. Statistisch betrachtet steigt die Zahl der Kirchenaustritte mit dem Eintritt ins Berufsleben massiv an und bleibt bis zum Eintritt in den Ruhestand überdurchschnittlich. Das deckt sich mit den Erfahrungen, die Dan Peter in seiner täglichen Arbeit macht: „Wenn junge Menschen ihr erstes Gehalt bekommen und sehen, dass sie Kirchensteuer zahlen, fragen sie sich häufig: Was habe ich davon? Brauche ich die Kirche wirklich?“

Für die meisten protestantischen jungen Menschen – auch das lässt sich statistisch belegen – endet der Kontakt zur Kirche laut Peter bereits mit der Konfirmation: „Wer in seiner Kirchengemeinde bis dahin keine Heimat gefunden hat, entfremdet sich von ihr und von der Kirche insgesamt.“ Der Schritt zum Kirchenaustritt sei dann nicht mehr weit. Später seien es vielfach Übergangspunkte im Leben, die ehemalige Kirchenmitglieder zum Nachdenken brächten, etwa die eigene Hochzeit oder die Geburt eines Kindes, weiß der Theologe.

Oder es sind Todesfälle. Wie bei der 66-Jährigen, die ihre Motivation, wieder zur Kirche gehören zu wollen, so begründete: „Der Tod meiner Mutter ließ mich mein Leben neu ordnen und überdenken. Seit dieser Zeit reifte der Gedanke, mich wieder bewusst in die christliche Gemeinschaft einzufügen und dort zu engagieren.“ Manchmal sei es auch eine Sehnsucht, die die Menschen gar nicht genau in Worte fassen könnten, sagt Peter. So habe ihm eine Mittvierzigerin am Telefon erklärt: „Ich weiß nicht recht, warum ich wieder dazugehören will. Mir hat etwas gefehlt.“

Bis zu 300 Menschen kehren laut Peter über die Stuttgarter Wiedereintrittsstelle pro Jahr in die evangelische Kirche zurück, 60 Prozent davon in die württembergische Landeskirche, 40 Prozent in eine andere EKD-Mitgliedskirche.