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„Bi Maria was wat unnerwegens“ – EKD


„Na denn man tau“ – na dann mal los, dachte sich Schmidt, unterstützt von einem Team plattdeutsch sprechender Pastorinnen und Pastoren. Mit dabei war auch die ehemalige Leiterin des „Plattdüütsk Büros“ des Ostfriesischen Landschaftsverbandes, Cornelia Nath. Herausgekommen ist ein 720-seitiges „Neei Testament“, das im Solinger Foedus-Verlag erschienen ist und am Donnerstag druckfrisch in der Großen Kirche Leer vorgestellt wurde.

„Es ist eine einfache Sprache, nah am Volksmund“, beschreibt Nath. Und Schmidt erzählt: „Vers für Vers haben wir das Neue Testament durchgearbeitet, haben nach plattdeutschen Ausdrücken gesucht, haben schwierige Verse immer wieder gelesen und darauf geachtet, dass Hörerinnen und Hörer die biblischen Texte sofort verstehen.“ Es hätte wohl keiner besser vorantreiben können. Denn der 75-jährige Theologe ist mit dem ostfriesischen Platt aufgewachsen, das Hochdeutsche war für ihn in der Schule erste Fremdsprache.

Auch später als Kirchenpräsident war er in der Lage, fließend zwischen Plattdeutsch und Hochdeutsch zu wechseln. Das ist noch immer so. „Wenn ich fluche, verfalle ich ganz automatisch ins Plattdeutsche“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Und: „Es gibt Tage, da denke ich Plattdeutsch.“

Klar also, wo seine Sympathien liegen, wenn er in der Weihnachtsgeschichte nach Luther über Maria und Josef auf dem Weg nach Bethlehem liest: „Auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.“ In zeitgemäßem ostfriesischem Platt heißt das jetzt: „Daar wull he sük inschrieven laten mit Maria, de hum versproken was. Bi Maria was wat unnerwegens.“

Grundlagen der Platt-Texte waren die Luther-Ausgabe aus dem Jahr 2017 und eine moderne Bibelübersetzung. Parallel dazu haben Schmidt und sein Team auf den griechischen Urtext Bezug genommen. An manchen Stellen haben sie Luther aber auch eigenständig interpretiert. „Wo im Luther-Text von Brüdern die Rede ist, haben wir zeitgemäß ‚Brüder und Schwestern‘ übersetzt“, verdeutlicht Schmidt.

Beispiele wie dieses zeigen, dass die Arbeit manchmal gar nicht so einfach war. Galt es doch, rund 2.000 Jahre alte Texte in ein gegenwärtiges Vokabular zu übertragen. Nun schwirren „wilde Immen“ (wilde Bienen) und „Gresshüppers“ (Heuschrecken) durch die Bibel, ganz zu schweigen von „de heel Engelschaar ut de Himmel“. Und klar: „Gott meent dat good mit hör“ – Gott meint es gut mit ihnen. Schwarzbrot für das Leben ist auch der erste Satz, der allem vorangestellt ist: „Gnaad und Free sall mit jo wesen“ – Gnade und Friede möge mit Euch sein.

Die Übersetzung zeige, wie vertraut die Texte der Bibel sein könnten, findet Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden. So gingen die biblischen Texte den Menschen in ihrer Alltagssprache zu Herzen. „Das Platt findet gerade im zwischenmenschlichen Bereich Nuancen, die dem Hochdeutschen fehlen.“ Und Jann Schmidt ist überzeugt: „Auch Hochdeutsche können viele Texte verstehen, weil sie die Geschichten ja kennen.“

Von Dieter Sell (epd)


Buchhinweis:
Evangelisch-reformierte Kirche (Hg), „Dat Neei Testament – Das Neue Testament in ostfriesischem Plattdeutsch, übersetzt von Jann Schmidt“, Foedus Verlag Solingen 2023, 720 Seiten, 22 Euro 

Internet
www.reformiert.de
Online-Wörterbuch für ostfriesisches Plattdeutsch: www.platt-wb.de