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Als ein Kirchenlied die weltlichen Charts stürmte – EKD


Der Hochschulrektor ist überzeugt: „Schneiders Lied hat eine Tür geöffnet in eine andere musikalische Sprache, die es vorher so nicht gegeben hat.“ Die Komposition des Kirchenmusikers markiere wie wenige andere Lieder eine „Epochenzäsur des geistlichen Liedes“, heißt es im Kommentar zu dem Lied (334) des Evangelischen Gesangbuches. Es symbolisiere den Beginn des Neuen Geistlichen Liedes (NGL) im 20. Jahrhundert.

Geschrieben für Jugend- und Freizeitgruppen, eroberte das Kirchenlied im Handumdrehen weltliche Hitparaden. 1961 gewann „Danke“ unter 2.000 Einsendern den Wettbewerb für neue geistliche Lieder der Evangelischen Akademie in Tutzing am Starnberger See (Bayern). Das damalige Preisgeld betrug 1.000 DM.
Es folgten zahlreiche Einspielungen, die daraufhin entstanden. Die Single des Botho-Lucas-Chores im Schlagersound der 1960er Jahre brachte es auf sechsstellige Verkaufszahlen und stand 1963 sechs Wochen lang unter den ersten zehn der deutschen Hitparade. In evangelischen Kirchenkreisen stieß die Popularität des „Danke-Liedes“ – es wurde in 25 Sprachen übersetzt – auf ein geteiltes Echo.

Kirchenzeitungen und Massenmedien reihten sich ein gegen den „Wohlfühlsound“ des Kirchenliedes. Dem Erfolg des „Danke-Liedes“ tat der Protest keinen Abbruch. Im Gegenteil: Einen weiteren Durchbruch erzielte es 1963, als der deutsche Schlagersänger Ralf Bendix (1924-2014) das Lied auf dem Dortmunder Kirchentag vor 16.000 Zuhörern sang – heute nur schwer vorstellbar.

„Das Lied hat einen Nerv getroffen“, ordnet Mautner ein, „es kam zur richtigen Zeit.“ In den Radiosendern lief das Lied regelmäßig. Mit „Danke, für diesen guten Morgen“ starteten Berufstätige, Mütter auf dem Weg zum Einkauf in den Tag. „Die Melodie ist von gekonnter Einfachheit“, beschreibt der Theologe die Anmutung des „Danke-Liedes“.

In sechs Strophen geformt, deutet das Lied dem Singenden einen Weg zu tiefer Dankbarkeit an: Von den kleinen Dingen des Alltags, guten Freunden, der Arbeit, über Befindlichkeiten bis hin zur Macht Gottes, die erst die Möglichkeit zu danken eröffnet, schlägt Schneiders Lied einen Bogen vom Morgengebet zur Offenbarung.
Der Text passte perfekt in den damaligen Zeitgeist: Toleranz, Öffnung der Grenzen, gegen Revanchismus, Völkerverständigung durch Reisen war die Sehnsucht. Nach dem Krieg, in dem die meisten Gesangbücher verloren gingen, wurde das Evangelische Kirchengesangbuch (EKG, 1948) in kurzer Zeit zusammengestellt.

Gleichzeitig drangen Jazz, Spirituals und Rock‘ n Roll aus den USA über den Atlantik und veränderten den Musikgeschmack. Mit der Folge, dass das neue EKG schnell als „rückständig“ wahrgenommen wurde.
Das „neue“ geistliche Lied kam auf. Zu den führenden Musikern in Baden zählte Martin Gotthard Schneider.

Der Spitzname „Danke-Schneider“ machte unter Kirchenmusikern die Runde, wie sich Mautner erinnnert.
Schneider sei ein „eher nachdenklicher Mensch“ gewesen. In dem Lied kommt eine Haltung zum Ausdruck, die man heute als „Achtsamkeit“ bezeichnen würde. In der Heidelberger Hochschule haben die Originalnoten des „Danke-Liedes“ ihren Platz gefunden. „Das scheinbar schlichte Lied ist handwerklich gut gemacht und sehr durchdacht“, zollt ihm Mautner Respekt.