Claussen hat jüngst ein Buch über „Gottes Bilder“ im C.H.-Beck-Verlag veröffentlicht. Trotz des Bedürfnisses nach bildlichen Darstellungen von Gott habe sich im antiken Judentum eine Kritik an Gottesbildern entwickelt. Ihr ging es darum, Abbildungen von Gott nicht zu Götzen zu machen und diese an seiner Stelle anzubeten.
Bildnisse hätten auch zur Ausbildung der christlichen Identität beigetragen – auch anti-christliche Bildnisse. Schmäh-Graffiti aus römischer Zeit mit Darstellungen des gekreuzigten Messias zeigten, wie das Kreuz sich zum Hauptsymbol des Christentums entwickelt hätte.
Bildliche Darstellungen etwa von Jesus seien nicht nur für Akademiker oder Menschen mit kunsthistorischem Interesse zugänglich, betonte Claussen. Zugleich vertiefe sich natürlich das Verständnis eines Bildes, wenn man etwas über seine Entstehung und seinen Hintergrund wisse. „Und da haben wir eine große, schöne Aufgabe, weil diese Tradition nicht einfach mehr vermittelt wird“, sagte Claussen.
Wichtig sei es zudem, den Blick auf die Geschichte der Gottesdarstellungen zu weiten. Auch außerhalb der europäischen Kunstgeschichte gebe es großartige Kulturleistungen. In der europäischen Kunstgeschichte gebe es große Schätze. „Und das müssen wir als Europäer, die wir unsere eigene Tradition immer mehr aus dem Blick verlieren, uns immer wieder vor Augen führen“, sagte der Theologe.
Zugleich habe gerade die Altertumswissenschaft, aber auch die Geschichtswissenschaft der Frühen Neuzeit viel dazu beigetragen, diesen engen Blick zu weiten. Man müsse sich auch mit dem Christentum in Syrien, Äthiopien, Ägypten, in Teilen Jordaniens, aber auch in Armenien und Georgien befassen.