Was sehen Sie darin als zentrale Botschaft?
Kurschus: Eins ist all diesen Ostergeschichten gemeinsam: Glaube und Freude brechen sich sehr leise und behutsam Bahn. Der Jubel, der in unseren Osterchorälen steckt, ist keineswegs die erste und spontane Reaktion auf die Auferstehung Jesu. Im Gegenteil: Am Anfang stehen Furcht und Zweifel. Das macht diese Geschichten so stark. Auch und gerade in der gegenwärtigen Situation. Weil die Osterbotschaft nicht alle Furcht, alles Sterben und alles Grauen wegzaubert, sondern – im Gegenteil – sich mitten darin und durch all dies hindurch ausbreitet, kann sie wirklich trösten. Gottes Ziel mit uns ist das Leben. Und die Zukunft wird nicht dem Corona-Virus gehören, sondern sie steht in Gottes Hand.
Was ist Ihnen persönlich an Ostern besonders wichtig?
Kurschus: Das Leben, das wir zu Ostern feiern, ist stärker als mein manchmal kleiner Glaube. Die Botschaft, die wir zu Ostern verkündigen, ist wahrer als alles, was ich täglich erfahre. Die Choräle, die wir zu Ostern singen, sind meiner bisweilen schwachen Hoffnung weit voraus. Ostern lässt eine Wirklichkeit in dieser Welt aufscheinen, für die sich jeder noch so kleine Einsatz lohnt. Ostern erlaubt mir nicht, mich abzufinden mit dem, was ist. Weil Gott anderes mit uns vorhat. Das gibt meinem Leben jeden Tag aufs Neue Sinn und Ziel.
Zu Ostern bleiben die Kirchen wegen der Corona-Pandemie geschlossen, Gottesdienste werden online oder in anderer Weise gefeiert. Was bedeutet das für die westfälische Landeskirche?
Kurschus: Wir werden die österliche Botschaft vom Leben, das stärker ist als der Tod, auf vielerlei Weise unter die Leute bringen. Gerade jetzt – und jetzt erst recht. Durch ökumenisches Glockengeläut in allen Kirchen, durch Gottesdienste in Rundfunk, Fernsehen und Internet, durch österliche Botschaften per Mail, per Post und in den Printmedien, durch Musik. Dankbar und voller Respekt nehme ich wahr, wie unsere Pfarrerinnen und Pfarrer zusammen mit unzähligen engagierten Menschen in unseren westfälischen Kirchengemeinden, Ämtern und Einrichtungen einfallsreiche Mittel und Wege finden, unter den gegebenen Bedingungen das Evangelium zu verkündigen und den Menschen mit Trost und Beistand nah zu bleiben.
Welche Hoffnung verbinden Sie in diesem Jahr mit dem Engagement der Kirchen zu Ostern?
Kurschus: So sehr es schmerzt, das Osterfest in diesem Jahr nicht wie üblich mit festlichen Gottesdiensten begehen zu können, so deutlich werden wir spüren: Die Botschaft des Lebens wird sich überraschend neue und ungewohnte Wege suchen. Ich bin gewiss: Das wird in aller Ungewissheit dieser Zeit eine stärkende und hoffnungsvolle Erfahrung sein.
Interview: Holger Spierig (epd)
Der ZDF-Gottesdienst am Ostersonntag (12.4.) mit Präses Kurschus wird ab 9.30 Uhr übertragen.