Christoph Breit hat viele Livestreams analysiert und packt seine hervorragenden Praxistipps in die „Zehn schlimmsten Fehler“, die Sie beim Livestreaming machen können. Nach diesem Einstieg gibt der Medienprofi der Bayerischen Landeskirche handfeste Tipps zu Setting, Mischgeräten, Interfaces und Kameras, zu den Voraussetzungen im Kirchenraum (Internet!) und zu den unverzichtbaren Interaktionsangeboten.
Rund um die Technik
Die Frage nach der Technik ist für viele eine Herausforderung. Das Angebot ist unüberschaubar, das Budget begrenzt – wo fangen wir an?
Die Kolleg*innen aus dem Rheinland schlagen vor: Mit dem Ton. Denn ein guter Ton ist das A und O; schöne Bilder, bei denen ich die Akteur*innen nicht verstehe, erfüllen nicht den Sinn eines Gottesdienstes. Das heißt vor allem: Wir benötigen ein Mikrofon. Ob Funkmikrofon, Ansteckmikro oder mehrere Mikros, das hängt davon ab, wie groß der Raum ist und wie viele Akteur*innen mitwirken.
Hier erklärt Marcel Kuss, Videoredakteur der Evangelischen Kirche im Rheinland, ausführlich und anschaulich, wie er für seine Live-Streams gute Qualität ohne allzu große Neuinvestitionen erreicht.
Streaming kann am einfachsten über das Handy erfolgen, ein Stativ verhindert das typische Wackeln. Sollen mehr Kameras zum Einsatz kommen, benötigen Sie ein Notebook mit Internetzugang und ein speziell für Social-Media-Streaming entwickeltes Video-Mischpult.
Interview: Die Grundausstattung für Live-Streaming
Stefanie Hoffmann von der Stabstelle Digitalisierung ist selbst Pfarrerin und begeistert sich schon seit langem für die Möglichkeiten, die das Video für die Verkündigung bietet. Seit der Corona-Krise hat sie selbst Online-Andachten durchgeführt und Dutzende Anfragen rund ums Livestreaming beantwortet.
Stefanie, als Gemeinde, die jetzt weiterhin Gottesdienste streamen möchte – als Ergänzung zum „normalen“ Gottesdienst – wo fangen wir an?
Stefanie: Am Anfang sollte immer die Frage stehen: Was ist uns am wichtigsten an einem Gottesdienst. Die Antwort darauf kann sehr unterschiedlich lauten. Vielleicht gibt es einzelne Elemente – die Predigt, die Musik, der Segen – die in der Tradition vor Ort besonders wichtig sind. Oder es ist die Form vom möglichst traditionellen Gottesdienst bis zur Chance etwas Neues auszuprobieren. Vielleicht ist es aber auch die Gemeinschaft, die die Gemeinde in oder nach dem Gottesdienst pflegt.
Es ist wichtig, Schwerpunkte zu setzen und genau dort anzufangen, wo das Herz schlägt. Das erleichtert den Start. Es muss nicht alles komplett oder perfekt sein. Wichtig ist, dass es zur Gemeinde passt. Erst dann wird die Frage nach der Verwirklichung wichtig. Wenn erst einmal klar ist, was zentral und wichtig ist, finden sich in aller Regel Menschen und Möglichkeiten, dies auch umzusetzen. So entsteht eine gute Basis, die selbstverständlich auch weiterentwickelt werden kann.
Gibt es eine Mindest-Ausstattung, die du empfehlen kannst? Und mit welchem Budget müssen wir etwa rechnen?
Stefanie: Für den Start reicht in aller Regel ein Smart-Phone. Mit diesem lassen sich bequem Audioaufnahmen von der Predigt machen, die direkt nach dem Gottesdienst online gestellt werden. Hier lohnt sich, für etwa 10 Euro ein Ansteckmikrophon zu kaufen.
Wenn der Gottesdienst gestreamt oder ein Video aufgezeichnet werden soll, ist es hilfreich, ein Stativ und ein Mikrophon anzuschaffen, mit dem auch über größere Strecken hinweg der Ton gut aufgezeichnet werden kann. Hier ist man so etwa ab 200 Euro dabei. Beim Live-Streaming vom Handy aus gibt es außerdem noch einiges bei der Auswahl der Plattform zu beachten: Auf YouTube sind mobile Live-Streams erst ab 1.000 Abonnenten möglich. Auf Facebook können nur diejenigen Live dabei sein, die dort auch angemeldet sind. Eine Alternative bietet der Streaming-Dienst von Twitter Periskope. Dort können sofort Videos Live gesendet und können auch ohne Anmeldung geschaut werden. Allerdings ist es nicht ganz leicht, die Videos dauerhaft zu speichern.
Nach oben hin gibt es natürlich keine Grenzen. Für ein Mittelklasse-Set, bei dem man mit zwei Perspektiven vom Computer aus streamt, ist man aber in der Regel auch mit einem niedrigen vierstelligen Betrag dabei. Oft kann auf vorhandene Technik aufgebaut werden. Auch hier lohnt es sich, genau zu schauen, worauf der Fokus gelegt werden soll. Oft braucht es nicht die Maximalausstattung. Ein Streaming in 4K würde die vorhandene Internetbandbreite vermutlich sowieso nicht schaffen. Und genau wie oben: weiterentwickeln und ausbauen kann man auch hier Stück für Stück.
Do-it-yourself war vor allem am Anfang der Krise richtig und notwendig. Manches überfordert aber auch eine Gemeinde. Was sind Anforderungen, wo du sagen würdest: „da müssen Profis ran“?
Stefanie: Ich bin davon überzeugt: nahezu alles lässt sich ohne Profis umsetzen. Selbstverständlich ist es ein großer Luxus, Profis dabei zu haben und mehr Ressourcen für andere Dinge frei zu haben. Aber das meiste ist kein Hexenwerk und kann entweder gelernt werden oder es finden sich ein, zwei Personen in der Gemeinde, die eh technikbegeistert sind.