Am 1. September 2020 trafen Mitglieder des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Vertreter des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma erstmalig in Heidelberg zu offiziellen Gesprächen zusammen. Beide Seiten betonten die Bedeutung des Treffens auf dem Weg zu Vertrauen und Dialog und für das gemeinsame Engagement für Demokratie und Menschenrechte, sowie um Antiziganismus und jeglicher Form von Rassismus und Menschenverachtung entgegenzutreten.
Der vom Rat der EKD entsandten 11-köpfigen Delegation gehörten Präses Dr. Irmgard Schwaetzer, Ratsvorsitzender und Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, Oberkirchenrat Dieter Kaufmann und Prälat Dr. Martin Dutzmann an. Von Seiten des Zentralrats und des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma nahmen der Vorsitzende Romani Rose, der stellvertretende Vorsitzende Jacques Delfeld und die Vorstandsmitglieder Oswald Marschall und Diana Bastian teil.
Romani Rose hob die Dimension des Treffens für das gemeinsame Engagement der EKD und des Zentralrats hervor: „Es ist für den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma von großer Bedeutung, dass die Evangelische Kirche in Deutschland den seit Jahrhunderten tief in unserer Gesellschaft verankerten Antiziganismus thematisiert und bekämpft und das Bewusstsein in Kirche und Gesellschaft über den Holocaust an 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzen Europa stärkt. Angesichts von zunehmendem Rassismus und Nationalismus, in Deutschland und weltweit, setzen sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und die Evangelische Kirche in Deutschland gemeinsam für unseren demokratischen Rechtsstaat und gegen Antiziganismus, Antisemitismus und alle Formen von Rassismus ein.“
Heinrich Bedford-Strohm betonte, wie wichtig es sei, dass der gemeinsame Einsatz von Kirche und Minderheit gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit sichtbar und wahrnehmbar in der Gesellschaft werde: „Unser gemeinsamer Besuch in Auschwitz hat für mich in sehr berührender Weise gezeigt, welches unermessliche Leid Sinti und Roma in der Vergangenheit angetan worden ist. Bis heute sind Sinti und Roma mit Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert. In den Bemühungen, solchen Antiziganismus zu überwinden, stehen wir an ihrer Seite. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die viel deutlichere Wahrnehmung von Sinti und Roma als Bürger*innen unseres Landes, die jeden Tag ihren Beitrag zum Gedeihen unseres Gemeinwesens leisten.“
Die Vertreter von EKD und Zentralrat vereinbarten für die Zukunft eine vertiefte Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Medien und Erinnerungsarbeit, um über die Geschichte von Sinti und Roma und ihre Anerkennung als nationale Minderheit sowie über die Ursachen und Auswirkungen von Antiziganismus aufzuklären.
Anlässlich des diesjährigen Europäischen Holocaust-Gedenktages für Sinti und Roma gedachten Zentralratsvorsitzender Rose, die Präses der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer, der EKD-Ratsvorsitzende Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der bei dem gestrigen Treffen ebenfalls anwesende Antisemitismusbeauftragte der EKD, Dr. Christian Staffa, gemeinsam am 2. August in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau den 500.000 ermordeten Sinti und Roma im NS-besetzten Europa. Ein Fachtag „Protestantismus und Antiziganismus“ in der Evangelischen Akademie zu Berlin hatte bereits im September 2017 erste Impulse gesetzt um eine verstärkte wissenschaftliche Auseinandersetzung über den spezifischen kirchlichen Anteil an der NS-Verfolgungsgeschichte und an Antiziganismus in Vergangenheit und Gegenwart zu fördern.
Bereits seit mehreren Jahren findet eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Strukturen aus der Minderheit und aus den Kirchen im Netzwerk „Sinti und Roma und Kirchen“ statt, um gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma in Gesellschaft und auch in Kirchen zu stärken, sowie Antiziganismus zu bekämpfen. Das gestrige Treffen soll dazu beitragen, diese Zusammenarbeit und Engagement in dem bundesweiten Netzwerk zu fördern und weiterzuführen.
Hannover, 2. September 2020
Pressestelle der EKD
Annika Lukas