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„Gespräch über Suizid darf kein Tabu sein“ – EKD


Stichwort „Selbstmordattentäter“: sind religiöse Menschen eher dazu geneigt, Suizid zu begehen?

Lindner: Nein. Hier handelt es sich um ein eigenes Thema, das die Prävention nicht betrifft. Ob man Selbstmordattentate als Suizid oder als Massenmord mit Inkaufnahme des eigenen Todes einschätzt, hängt ganz vom jeweiligen Fall ab. So gibt es die Situation, dass junge Menschen in bestimmten ökonomischen und gesellschaftlichen Situationen in eine solche Lage gebracht werden. Ihre Tat gilt für die Familie dann als heroisch. Grundsätzlich aber hat Religiosität verschiedene Einflüsse auf Suizidalität. So schützt sie zum einen Menschen vor Suizid, die etwa davon überzeugt sind, dass sie von einer höheren Instanz getragen werden oder auch, dass der Suizid eine Sünde ist. Auch der soziale und kommunikative Aspekt von Religion hat eine wichtige Schutzfunktion. Andererseits aber kann ein rigides, strafendes und einengendes Bild von Gott auch zum Gegenteil führen.

Was kann die Gesellschaft tun, um die Suizidrate zu senken?

Lindner: Zum einen vor allem darüber reden! Das Thema darf in der Gesellschaft nicht ausgegrenzt werden, man muss darüber sprechen statt zu schweigen. Zum anderen braucht die Suizidprävention mehr gesellschaftliche und auch finanzielle Förderung. Und schließlich ist es wichtig, darüber aufzuklären, dass es wirksame Hilfe bei Suizidalität gibt.

Gespräch: Christian Prüfer (epd)


Wenn Sie daran denken, sich das Leben zu nehmen, oder jemanden kennen, der suizidgefährdet ist, suchen Sie Hilfe. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800/1110111 und 0800/1110222. Auch ein Kontakt per Chat und E-Mail ist möglich: www.telefonseelsorge.de