Gundlach sagte, dass die Feier des Reformationsjubiläums 2017 den 2006 begonnen Reformprozess etwas gebremst hätte. „Das Jubiläum war großartig, hat uns aber auch von der Reformaufgabe abgelenkt.“ Im Juni 2006 hatte die EKD damals noch unter ihrem Vorsitzenden Wolfgang Huber das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ veröffentlicht, das konkrete Zielvorgaben etwa für die Steigerung der Gottesdienstbesuche oder Taufen enthielt. Im Juni 2020 hatte die EKD elf Leitsätze veröffentlicht, die die Synode, das höchste Gremium der EKD, im November auf ihrer Tagung diskutieren soll.
Gundlach verspricht sich von den Leitsätzen, zu denen bis November noch ein zwölfter hinzukommt, eine deutliche Veränderung. „Das Verfahren ist anders“, betonte er. Damals sei das Reformprojekt als „Top-Down-Prozess“ wahrgenommen worden. Die Diskussion über die Leitsätze sei inklusiv angelegt. Man setze auf eine breite Debatte und intensiven Austausch. Der Text sei in seiner ersten Fassung „ergänzungsfähig und korrekturbedürftig“ gewesen. Es sei wichtig, dass sich viele Menschen, Gremien und auch die Öffentlichkeit an der Diskussion beteiligten.
„In der Analyse der Herausforderungen ist ‚Kirche der Freiheit‘ noch nicht überholt. Deswegen gibt es heute auch viele Parallelen“, sagte Gundlach. „Aber durch das neue Verfahren kommen wir dichter an die Steuerungsinstrumente heran.“ In der evangelischen Kirche könne man Reformen nicht zentral beschließen und dann bis in die letzte Gemeinde umsetzen. Die Kirche sei von unten nach oben aufgebaut. Jede Gemeinde könne selbst entscheiden, was sie theologisch vertreten könne. „Die Instrumente der gemeinsamen Steuerung sind eher schwach ausgeprägt“, sagte Gundlach. „Deswegen müssen wir überzeugen und können Impulse geben. Am Ende brauchen wir den Konsens und die Mitverantwortung aller Beteiligten.“