EKD News

Einbringung des Berichts des Zukunftsteams „Hinaus ins Weite – Kirche auf gutem Grund“ Zwölf Leitsätze zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche von Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm


Es gilt das gesprochene Wort

Vielen Dank. – Ich möchte einleitend das Wichtigste im Hinblick auf die Leitsätze, die Sie alle beschäftigt haben und auch in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert wurden, zusammenfassen.

Wie ist das Ganze zustande gekommen? Woher kamen diese Leitsätze eigentlich? Sie stammen nicht aus irgendeiner handverlesenen Gruppe, die irgendjemand zusammengestellt hat, sondern aus den Landeskirchen und dem Rat der EKD.

Sie erinnern sich: Die EKD-Synode hat vier Menschen entsandt, die Kirchenkonferenz der EKD hat vier Menschen aus den Landeskirchen entsandt, und auch der Rat der EKD hat vier Menschen entsandt. Dann haben wir, als wir uns das erste Mal zusammengesetzt haben, gemerkt, dass die jüngste Person in unserem Kreise 47 Jahre alt war. Da haben wir uns gedacht, das kann angesichts all der Dinge, die wir im Hinblick auf die Beteiligung junger Menschen voranbringen wollen, nicht so bleiben. Wir mussten also dafür sorgen, dass auch junge Erwachsene dabei sind, und daher haben wir noch drei junge Erwachsene berufen, die wirklich tolle Impulse gegeben haben. Insofern bin ich rein aus inhaltlichen Gründen unglaublich froh, dass wir diesen Schritt damals gemacht haben.

Warum habe ich diese Zusammenstellung jetzt noch einmal betont? Mir ist es sehr wichtig, dass wir bei diesem Zukunftsprozess deutlich machen, dass die Erfahrungen aus den Landeskirchen aufgenommen werden, und das ist auch dadurch zum Ausdruck gekommen, wie wir unsere Arbeit begonnen haben. Denn wir haben zuallererst die Reformprozesse in den Landeskirchen genau analysiert und uns überlegt, welches die Dinge sind, die eigentlich letztlich überall konvergierend in den Landeskirchen vorangebracht werden. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass in den Landeskirchen sehr viel kongenial läuft, was auch für die EKD-Ebene von zentraler Relevanz ist und letztlich auch in dieses Papier eingeflossen ist.

Das Zweite war, dass wir in dieser Gruppe das Reformationsjubiläum sehr gründlich ausgewertet haben: Was haben uns die Landeskirchen in ihren Auswertungsberichten mit auf den Weg gegeben? Welche Formate haben funktioniert? Welche waren besonders erfolgreich?

Damit begann die Arbeit, die dann mit dem Zwischenbericht, den Sie bekommen haben, in diese elf Leitsätze gemündet ist. Diese sollten – so war es immer geplant – auch veröffentlicht werden, damit auch die Öffentlichkeit über diese Anstöße diskutieren kann. Das ist auch passiert, wie wir es schon lange nicht mehr erlebt haben. Uns erreichten viele Zuschriften, aber es wurde auch öffentlich diskutiert, beispielsweise auf Facebook, auf Twitter. In „zeitzeichen“ erschient aus der akademischen Theologie eine ganze Serie von Beiträgen. In Ältestenkreisen, in Bezirkskonventen, an ganz unterschiedlichen Orten wurden diese Leitsätze diskutiert.

Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Es gab scharfe Ablehnung, aber auch viel Zustimmung. Was man vielleicht ausdrücklich als besonders bemerkenswert nennen kann, ist, dass die Zustimmung weit überdurchschnittlich von außen gekommen ist, und die Kritik kam spiegelbildlich viel stärker von innen. Mir – das ist nicht empirisch belegt – ist in meiner Kommunikation darüber aufgefallen, dass junge Leute sehr positiv reagiert haben. Das war ein deutlicher Eindruck, den ich hatte, und darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut.

Die Leitsätze wurden in der Kirchenkonferenz und im Rat der EKD diskutiert, und im Rahmen dieses Prozesses sind es zwölf geworden; das haben Sie alle gemerkt. Eine These zur Seelsorge ist dazugekommen. Dieses Thema hat es zwar als Querschnittsthema schon immer gegeben, aber wir waren der Auffassung, dass sein Stellenwert gestärkt werden sollte, indem es eine eigene These wird. Das sollte deutlich machen, dass wir als Kirche auch für Seelsorge stehen.

Die Reihenfolge der Thesen hat sich geändert. Die Frömmigkeit ist an den Anfang gerückt worden, was ich sehr gut finde. Denn letztlich geht davon alles aus; das haben Sie vielleicht auch meinem Bericht und meinen Antworten angemerkt. Ich finde, das ist eine sehr stimmige Reihenfolge.

Die einzelnen Themen sind anschließend auch noch mal justiert worden. Denn aufgrund der öffentlichen Diskussion ist sehr deutlich geworden, dass das, was ich mit diesen Sätzen verbunden habe, missverstanden worden ist. Ein prominentes Beispiel ist die Rolle der Ortsgemeinden. Nie und nimmer würde ich, der ich selber Gemeindepfarrer war und sehr genau vor Augen habe, welche Bedeutung die Gemeinden haben, ein Papier verantworten oder unterschreiben wollen, das die Gemeinden abwertet. Vielmehr ging es darum – und das ist in der neuesten Fassung sehr viel deutlicher geworden –, dass die Vernetzung auch im Gemeindebereich, in der Region oder auch mit unterschiedlichen kirchlichen Ebenen sehr zentral ist. Es muss zum Grundparadigma werden, dass nicht alle alles machen, sondern dass wir sehr klug aufeinander beziehen, was die unterschiedlichen Akteure jeweils am besten können.

Auch die Passage zur Kirchensteuer ist jetzt so formuliert worden, dass deutlicher wird, dass diesbezüglich Diskussionsbedarf besteht. Die Finanzer haben sich natürlich auch gemeldet und ihre Gesichtspunkte eingebracht. Es gab in der Gruppe zu dieser Frage, wie auch zu einigen anderen Fragen, die in dem Papier stehen, unterschiedliche Meinungen. Wir haben uns trotzdem entschieden, es aufzunehmen, weil wir auch die öffentliche Diskussion wollen.

Ein Punkt ist in der jetzigen Fassung deutlicher. Auch mit einer Kirchensteuerflexibilität kann man bei jungen Leuten das Grundproblem nicht bekämpfen. Es gelingt uns einfach nicht, den Menschen deutlich zu machen, dass sie im Alter zwischen 20 und 30 eine Heimat in dieser Kirche haben. Das ist das Grundlegende, und deshalb müssen wir uns diesem Problem widmen. Wir müssen darüber nachdenken, warum sich Menschen spontan dazu entscheiden, die Kirche zu verlassen, sobald sie den ersten Kirchensteuerbescheid erhalten. Das ist diskussionswürdig, und wir sind mittendrin in dieser Diskussion.

Also, die Diskussion hat sich so entwickelt, wie wir es uns erhofft haben. Es ist kräftig diskutiert worden.

Ich möchte als Letztes noch sagen, wo für mich der theologische Cantus firmus des Papiers liegt – auch das ist in der jetzigen Fassung deutlicher geworden –: Es ist der Christusbezug.

Schauen wir uns die Thesen an. Bei der Frömmigkeit ist ohnehin klar, dass die Christusbeziehung eine zentrale Rolle spielt.

Gehen wir weiter zur Seelsorge. Jesus hat an Leib geheilt, aber er hat auch die Seele geheilt. Seelsorge ist ganz eng mit dem Christusbezug verbunden.

Schauen wir uns das Thema Öffentlichkeit an und führen uns die letzte EKD-Synode vor Augen: die Feindesliebe, die Bergpredigt. Ja, selbstverständlich lebt die Friedensethik von zentralen Impulsen des Christusbezugs.

Das andere Thema, das direkt in den ersten Thesen vorhanden ist, ist die Ökumene. Georg Bätzing hat es vorhin noch einmal sehr eindrucksvoll gesagt: Christus führt uns zusammen. Paulus fragt: „Ist Christus etwa zerteilt?“ Und wir alle kennen die Antwort. Deswegen: Auch da ist der Christusbezug ganz deutlich.

Das wollte ich Ihnen von meiner Seite aus bei der Einbringung durchaus noch mitgeben. Im mündlichen Ratsbericht ist es schon gesagt worden. Insofern ist in der Fassung, die jetzt Diskussionsgrundlage ist, einiges stärker gefasst, als es in den früheren Fassungen der Fall war. Da zeigt sich, dass eine Diskussion – so empfinde ich es jedenfalls – wirklich etwas bringen kann.

Insofern lassen mich die Anregungen und Vorschläge, die jetzt aus der Synode gekommen sind, die ich schon zur Kenntnis nehmen konnte, soweit sie mir vorlagen, sehr darauf hoffen, dass das Papier durch die Diskussion in der Synode noch besser wird. Ich freue mich auf das, was jetzt noch kommt, und darauf, dass dieses Papier dadurch gestärkt werden kann.