Hanna-Jursch-Preis der EKD geht an die Theologin Sarah Jäger
Die Theologin Sarah Jäger erhält den mit 5.000 Euro dotierten Hanna-Jursch-Preis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Das Themenfeld der 10. Ausschreibung lautete: Lebensformen & Beziehungsweisen. Konstruktionen und Dekonstruktionen von Heteronormativität.
Die Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Diakoniewissenschaft und Systematische Theologie/Ethik an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel erhält den Preis für ihre Dissertation „Bundesdeutscher Protestantismus und Geschlechterdiskurse 1949 – 1971. Eine Revolution auf leisen Sohlen“, die an der Evangelisch-Theologischen Fakultät München im Rahmen einer DFG-Forschungsgruppe entstanden ist.
Die Dissertation beschäftigt sich mit dem westdeutschen Protestantismus und seinen ethischen Debatten um weibliche Erwerbsarbeit, Familie, Sexualität und „Sittlichkeit“ in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik. „Die Arbeit entwirft ein differenziertes Gesamtbild über die protestantischen Geschlechterdiskurse der damaligen Zeit und konfrontiert uns mit der historischen Wandelbarkeit von Geschlechtervorstellungen“, so die Vorsitzende der Jury, Prof. Ute Gause. Mit ihrem innovativen mentalitätsgeschichtlichen Ansatz und einer Fülle von Materialien und grauer Literatur – wie Berichte und Protokolle von Arbeitssitzungen, Dokumentationen von Fachtagungen und Publikationen im Eigenverlag – die in elektronischer beziehungsweise gedruckter Form herausgegeben werden, zeige Sarah Jäger auf, wie es dem Protestantismus in seinen ethischen Debatten gelang, den Wandel der Gesellschaft und der Generationen zu berücksichtigen und zu begleiten. „In der evangelischen Ethik kam es so zu einer Öffnung und Modernisierung, die starre Rollenvorstellungen aufgebrochen hat“, so Gause weiter.
Auch drei Hanna-Jursch-Nachwuchspreise hat der Rat der EKD vergeben. Sie gehen an Bruno Biermann für seine wissenschaftliche Hausarbeit „Verkörperte Metaphern. Metaphorische Konstruktion von geschlechtlicher Körperlichkeit zwischen Erotik, Anklage und Gewalt in Ez 23, 1-30“, an Sophia Farnbauer für ihre Magisterarbeit „Die sogenannte Ehereligion Nikolaus Ludwig von Zinzendorfs“ sowie an Jasmin Mannschatz für ihre wissenschaftliche Abschlussarbeit „Transidentität im Horizont der christlichen Schöpfungstheologie – Eine interdisziplinäre Untersuchung“. Alle drei Arbeiten sind differenziert und innovativ gearbeitet und von einem hohen wissenschaftlichen Niveau. Das Preisgeld beträgt jeweils 1.000 Euro.
Mit dem Hanna-Jursch-Preis werden vom Rat der EKD alle zwei Jahre herausragende wissenschaftlich-theologische Arbeiten ausgezeichnet, in denen gender- bzw. geschlechterspezifische Perspektiven eine wesentliche Rolle spielen.
Benannt ist der Preis nach der Jenaer Kirchenhistorikerin Hanna Jursch (1902-1972), die sich 1934 als erste Frau an einer deutschen Theologischen Fakultät habilitierte.
Hannover, 8. Dezember 2020
Pressestelle der EKD
Annika Lukas