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„Die Steine werden schreien“ – EKD


Im letzten Jahr ist ein schöner kleiner Brauch entstanden: Menschen bemalen Steine und legen sie irgendwo aus, andere nehmen sie mit nach Hause oder legen sie woanders wieder ab. Mit diesen Steinen werden kleine Geschichten erzählt. Einmal fand ich auch eine Einladung zu einem Gottesdienst auf so einem Stein. Auch aus Stein gebaute Häuser, Mauern oder gar Fossilien erzählen Geschichte. Natürlich können uns Steine eine Menge berichten. Sie können Lebewesen Schutz bieten, aber reden können sie nicht, schreien auch nicht. Doch genau das kündigt Jesus an: Wenn ihr den einen den Mund verbietet und keiner mehr in Gottes Namen jubelt, dann werden die Steine schreien.

Wenn mir das Lob im Halse stecken bleibt in diesen Tagen, weil ich wieder von jemandem höre, der alleine sterben musste ohne Besuch. Weil die Bilder von Krieg und Hunger ausgelöst von unseren Schutzmaßnahmen mich nicht kalt lassen. Weil die Existenzangst um mich herum spürbar wächst, sichtbar, wenn wieder in einem kleinen Café um die Ecke ein Schild hängt „Ich muss schließen“. Dann ist meine Kehle wie zugeschnürt.

Aber wenn ihr keine Stimme mehr für den Jubel habt, wenn andere sie euch nehmen, dann werden die Steine schreien. Sie werden übernehmen, was wir nicht können. Unvorstellbar, dass Mauern klingen und Steine singen. Gott hat verrückte Ideen um uns zu trösten. Mir bringt dieser Gedanke ein Lächeln ins Gesicht: wo nichts mehr gesagt wird, wird Gott aus den tot geglaubten Steinen das Leben herausschreien lassen. Das kann laut werden. Und vielleicht wird aus dem Lächeln in meinem Gesicht dann auch wieder ein Jubel.