Bereits im vergangenen Winter hatten die EU-Staaten über eine Verordnung beraten, die den Staaten im Krisenfall erlaubt hätte, von geltendem Asylrecht abzuweichen. Der Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit. Hintergrund waren damals Befürchtungen, dass autoritäre Staaten Flüchtlinge missbrauchen, um die EU unter Druck zu setzen. So hatte etwa der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko im Herbst 2021 Tausende Migranten an die Grenze zu Polen gelockt.
Die Verbände und Organisationen riefen die Bundesregierung dazu auf, sich gegen den Vorschlag zu stellen. Unterzeichnet wurde die Erklärung auch von mehreren Seenotrettungsorganisationen, dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, „Ärzte ohne Grenzen“ sowie der Diakonie Deutschland.
Anfang Juni hatten sich die EU-Innenministerinnen und -Innenminister auf Grundzüge eine Reform des europäischen Asylsystems geeinigt. Insbesondere die geplanten Grenzverfahren, die schnellere Asylentscheidungen an den Außengrenzen sowie schnellere Abschiebungen bewirken sollen und mit haftähnlichen Bedingungen für Asylbewerber einhergehen, stoßen bei Nichtregierungsorganisationen und den Kirchen auf Ablehnung.