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Ihre Amtsbrüder machten ihr das Leben schwer – EKD


„Katharina Staritz war eine große Theologin, die mit ihrem Engagement während des NS-Regimes und ihrem Einsatz für die Gleichstellung von Frauen im Amt praktisch auf ein Privatleben verzichtete“, sagt Helga Engler-Heidle, die das Frauenpfarramt in Frankfurt am Main von 1985 bis 2001 leitete. „Sie hätte sich auch gerne habilitiert, was Frauen aber damals nicht möglich war.“

Die Kirchenleitung missbilligte ihr Handeln und setzte ihm 1941 ein Ende. Weil Staritz in einem Rundbrief das verordnete Tragen des Judensterns attackiert und Pfarrer an ihre christliche Verantwortung für getaufte Jüdinnen und Juden erinnert hatte, wurde sie von allen Dienstobliegenheiten beurlaubt und gedrängt, Breslau zu verlassen.

Sie ging nach Marburg. 1942 deportierten die Nationalsozialisten Staritz ins „Arbeitserziehungslager Breitenau“, dann ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Dass sie nach einem Jahr „probeweise“ entlassen wurde, hatte die Theologin ihrer Schwester Charlotte und deren Insistieren bei Kirchenbehörden wie Nazis zu verdanken.

Zurück in Breslau und unter Aufsicht der Gestapo zur Untätigkeit verdammt, floh Staritz im Januar 1945 mit Schwester und Mutter wieder nach Marburg. Die Landeskirche Kurhessen-Waldeck beauftragte sie mit Vertretungsdiensten, Gefängnisseelsorge, Religionsunterricht und dem Entwurf einer Vikarinnen-Ordnung. Ihre Ordination wurde aber nicht anerkannt.

Der Theologe und NS-Widerstandskämpfer Martin Niemöller, mittlerweile Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), holte sie schließlich 1949 als Vikarin für Frauenarbeit an die Frankfurter Katharinenkirche. Ein halbes Jahr später zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt, wurde Staritz 1950 als Stadtvikarin für Frauenarbeit eingeführt. Es war deutschlandweit die erste Planstelle für eine Theologin.

Staritz habe darauf bestanden, pfarramtliche Aufgaben wie Gottesdienste und Predigten zu übernehmen, berichtet die ehemalige Frauenpfarrerin Engler-Heidle. Staritz’ Amtsbrüder seien deshalb empört gewesen und hätten ihr das Leben schwer gemacht.

Wegen einer Krebserkrankung schied sie 1952 aus dem Dienst und verstarb Anfang des Folgejahres mit nur 49 Jahren. Zum Bedauern Engler-Heidles erinnert in der EKHN nichts an die Verdienste der Theologin. Staritz’ direkte Nachfolgerin in der Frauenarbeit, Gerlind Schwöbel, schrieb 1990 eine Biografie über sie und setzte sich für eine Gedenktafel ein. Die gebe es bis heute nicht, sagt Engler-Heidle. Zudem ärgere sie sich seit Jahren über den Zustand von Staritz’ Grab.

Der wird sich bald ändern. Die Kirchengemeinde Bockenheim errichte auf der freien Fläche um das Grab von Katharina Staritz, ihrer Schwester und ihrer Mutter ein großes Gemeinschaftsgrab für etwa 200 Urnen, sagt die Historikerin Dore Struckmeier-Schubert. Die Friedhofsverwaltung wird einen Hinweis am Eingang und eine Infotafel am Grab installieren.