Prälatin Gidion: „Gnade ist die Möglichkeit, dass es gut weitergehen kann, trotz allem, was wir getan und nicht getan haben.“
„Der Buß- und Bettag ist ein Tag zum Innehalten, zum Leben ändern. Den Blick nach innen zu richten, auf unsere Schwächen zu schauen und unsere Fehler aus der dunklen Ecke zu holen. Ist der Buß- und Bettag damit ein Aufzählungstag für Verfehlungen? Und wo sollen wir anfangen? Und reicht es schon, alles aufzuzählen?“, sagt Prälatin Anne Gidion, Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der EU, im Blick auf die Bedeutung des Buß- und Bettages und den Stellenwert von Buße in unserer Gesellschaft und fügt hinzu: „Ich glaube: Ich kann nicht vor mich hin büßen, ohne dass es jemand sieht, ohne dass Gott es sieht. Buße ist eine Haltung. Und etwas zu büßen, für etwas zu büßen, setzt ein Gegenüber voraus.“
Buße sei keine eigene Leistung, so Gidion weiter: „Wir halten Gott unsere Hände hin. In diesen Händen liegt schon so vieles: Angst. Versagen. Scheitern. Fehleinschätzungen. Bequemlichkeit. Sich groß machen wollen. Sich überschätzen. Das alles Gott hinzuhalten, dazu gehört Mut. Und Zutrauen.“ Sie bekräftigt: „Ich hoffe: Am Buß- und Bettag kommt noch mehr hinein in die vollen Hände. Gnade, Liebe und Gemeinschaft kommen dazu. Vor allem Gnade. Gnade ist die Möglichkeit, dass es gut weitergehen kann, trotz allem, was wir getan und nicht getan haben. Trotz allem, was in der Welt gerade ist und nicht ist. Gnade in drei Worten: Gott ist da. Gott bleibt auch am Bußtag mit uns in Verbindung. Unverbrüchlich.“
Prälatin Gidion wird den Gottesdienst zum politischen Buß- und Bettag am Mittwoch, 22. November, um 18 Uhr im Berliner Dom mitgestalten. Über diesem steht der biblische Vers „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben“ (Sprüche 14, 34). Die Predigt hält Professor Lars Castellucci, Mitglied des Bundestages. Die Liturgie gestalten Domprediger Stefan Scholpp und Prälatin Gidion.
Der protestantische Buß- und Bettag, erstmals 1532 im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt, wurde 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer Sachsen als arbeitsfreier gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. Der Bußtag hat seinen festen Platz im kirchlichen Festkalender jedoch nicht verloren und ist im Leben vieler Menschen nach wie vor fest verwurzelt.
Der Gottesdienst ist live zu sehen auf www.berlinerdom.de/live
Weitere Informationen unter www.ekd.de/busstag und www.busstag.de
Hannover/Berlin, 21. November 2023
Pressestelle der EKD