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„Kirchenleute können non-binär, offensiv weiblich oder männlich sein“ – EKD


Fulda/Karlsruhe (epd). Ob mit rotem Lippenstift, Rollstuhl oder Bart – die Karlsruher Theologin Anne Helene Kratzert wirbt für ein vielfältiges Pfarrerbild. „Meine Idealvorstellung ist, dass wir alles sein können – jung oder alt, verschiedene Hautfarben oder Beeinträchtigungen haben, transgender sein, non-binär, offensiv weiblich oder klassisch männlich einen Vollbart tragen“, sagte Kratzert im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Das Thema Diversität beschäftige sie als Privatperson. Auch in ihrem neuen Amt als Kirchentagspastorin, das sie Anfang Mai antrat, will sie den Fokus auf Diversität im Christentum lenken. Der nächste Deutsche Evangelische Kirchentag, dessen geistlich-liturgisches Programm sie verantwortet, findet vom 30. April bis 4. Mai 2025 in Hannover statt.
 

Sie würde sich freuen, wenn es beim Kirchentag gelingt, zu zeigen, wie divers Christen in Deutschland und im deutschsprachigen Raum sind. „Wir sollten unsere jeweiligen Blasen aufstechen und mit anderen in ein gutes Gespräch kommen“, sagte sie. Dabei müsse man auch nicht so „superkonsensorientiert“ sein. „Wir könnten einfach zuhören, auch mal Dissense stehen lassen“, betont die Theologin. Das gehöre zu einer offenen Gesellschaft dazu.

Die Theologin betont, dass die Gesellschaft inzwischen schon ein Stück des Weges geschafft habe. Nach ihrem letzten ZDF-Gottesdienst am Ostersonntag in diesem Jahr habe beispielsweise ein älterer Pfarrer angerufen und gesagt: „Früher hätte er sich über meinen Lippenstift aufgeregt, heute denke er sich, ‚warum nicht?’“

Kratzert erklärt: „Wir dürfen auch nicht so tun, als hätte es mit Attraktivität verbundene Dinge in der Kirche noch nie gegeben.“ Die Pfarrer, die früher auf der Kanzel eine Zigarre rauchten, hätten damit auch eine Botschaft versandt. „Sie haben darüber nur nicht geredet, keine Rechenschaft abgelegt“, so die Theologin. „Wir fangen erst an, auch durch die Forum-Studie, über Macht im Pfarrbereich wirklich zu reflektieren.“ Ende Januar hatte ein unabhängiges Forschungsteam die ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt im Raum der evangelischen Kirche und der Diakonie vorgestellt.