Ukrainerinnen und Ukrainer wissen all das und noch viel mehr. Was sie uns erzählen, ist krass. Es ist krass unvorstellbar. Und besonders krass ist für mich die trotzige Hoffnung und Zuversicht, die viele von ihnen haben, Schon für mich ist es hart, in diesen Zeiten überhaupt Zuversicht zu behalten: Wie hoffnungsstark müssen sie sein: wenn Russland die Ukraine brutaler beschießt, denn je; wenn der ukrainische Präsident in seiner Not in Washington noch gedemütigt wird; wenn Amerikas Regierung sich auf die Seite von Putin schlägt, die Ukraine erpresst? Wenn der Schutz schirm für Millionen Menschen einfach zugeklappt wird. Das ist kein Ruf nach Frieden, das ist niederträchtig.
Europa muss, wir müssen verstehen, wieviel auf dem Spiel steht – auch für uns, für uns alle. Der Krieg ist nicht irgendwo, sondern bei uns. Mitten in Europa. Auch unsere Sicherheit steht auf dem Spiel. Die Verteidigung von Demokratie und Freiheit, von Recht und Selbstbestimmung hat ihren Preis. Kein europäisches Land weiß besser als die Ukraine, welches unermessliche Leid dazu gehört – und zahlt diesen Preis dennoch. Auch für uns, weil sie uns mitverteidigt.
Auch wenn diese Ahnung gerade bei vielen Menschen wächst: Es gibt keine einfachen Antworten und wir wissen auch nicht, was noch alles kommt. Und doch ist es an der Politik jetzt zu handeln, Allianzen zu stärken, schnell und entschlossen. Es ist an uns, unsere Kontakte und Netzwerke in Europa zu aktivieren, zusammen zu stehen, für ein gemeinsames Europa, indem wir uns in Solidarität unterstützten, damit sich der Krieg nicht unaufhaltsam weiter durch Europa und Europas Köpfe fressen kann. Damit Putin seinen Feldzug beenden muss. Damit Frieden, ein gerechter Frieden endlich eine Chance bekommt.
Es ist hart gerade, die Zuversicht zu behalten. Und es ist unvorstellbar für mich, was diese Tage für die Menschen in der Ukraine bedeuten müssen. Trumps Amerika lässt die Ukraine im Stich. Wir lassen sie nicht im Stich; auf uns soll Verlass sein! Dafür stehen wir heute Abend zusammen. Wir bleiben stabil.
Ich spreche hier für die evangelische Kirche. Wir glauben an den Gott, der aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Und der uns Christinnen und Christen sagt: Geht mit denen, die eure Hilfe brauchen und bleibt an ihrer Seite.
Deswegen schweigen wir nicht, wenn Menschen angegriffen oder bedroht werden. Deswegen geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die Ukraine eine Zukunft in Freiheit und Frieden hat. Deswegen unterstützen wir als Kirche humanitäre Hilfe in der Ukraine – und helfen Flüchtlingen aus der Ukraine bei uns in Deutschland.
Und deswegen bete ich: Gott, zerbrich die Kanonen der Skrupellosen. Lass die Tage der Macht der Despoten kurz und gezählt sein. Berühre ihre Herzen, dass sie zum Frieden umkehren. Bewahre die Bedrohten. Gib uns die Kraft, dem Bösen entgegenzutreten. Und schenke Frieden.
Amen.