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Pilates in der Kirche – EKD


Fürstenwalde (epd). „Es ist großartig, dass jetzt so viele kommen, um mit Jesus Sport zu machen“, sagt Pfarrerin Anna-Franziska Pich. Es sei total wichtig, „dass die Kirche im Dorf ist – und das geht nur, wenn das Dorf in der Kirche ist“, sagt die junge Theologin. Seit Anfang des Jahres treffen sich regelmäßig mittwochs Sportgruppen in der kleinen Kirche von Langewahl, einem 850-Einwohner-Ort im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree.

Dabei ist es gar nicht so einfach, die Kirche von Langewahl zu finden. Sie liegt am äußersten Rand des ostbrandenburgischen Straßendorfes, südöstlich von Fürstenwalde. Hier direkt am Waldrand wurde sie vor 70 Jahren errichtet: mit Satteldach und einem eingezogenen Turmaufsatz.

Sportangebote im Gemeinderaum

Im Schaukasten wird für Pilates, Qigong und Hockergymnastik geworben. Das Angebot wird gut angenommen, mehr als 40 Frauen unterschiedlichen Alters kommen zu den Kursen im kleinen Gemeinderaum.

Karla Bock hat gerade die zweite Sportgruppe an diesem Nachmittag verabschiedet. Sie räumt die Gymnastik-Stangen zusammen. Aus der letzten Kirchenbank im angrenzenden Kirchenschiff lugen Yoga-Matten in unterschiedlichen Farben heraus. Die 64 Jahre alte Physiotherapeutin ist froh, dass sie diese Sportstunde anbieten kann: „Ich kann nicht zu Hause sitzen.“ Für sie sei die Kirche „Neuland“ gewesen. Jetzt begleitet sie ihre Schwiegermutter auch in die Gottesdienste.

Kirchenbänke sind wieder gefüllt

„Das ist ein schöner Nebeneffekt“, sagt Pfarrerin Pich: „Als ich hier angefangen habe, kamen fünf bis sieben Menschen.“ Jetzt sind die Kirchenbänke in der kleinen Kirche wieder gefüllt. Pich ist seit Anfang 2024 Pfarrerin in und um Fürstenwalde. Zwischen den Standorten ist sie auf dem E-Bike unterwegs. Zur Kirche Langewahl zählen rund 70 Gemeindeglieder. Sie gehören zur Evangelischen Kirchengemeinde Region Fürstenwalde/Spree mit insgesamt mehr als 3.800 Mitgliedern.

Juliane Weidler kommt herein und begrüßt Karla Bock. Die 35-Jährige bereitet jetzt den vom Kirchenschiff nur durch eine Glastür abgetrennten Raum für die Pilates-Stunde vor. Weidler ist auch im Heimatverein des Ortes, wie die meisten, die an den Kursen teilnehmen. „Hier haben wir unsere Ruhe“, sagt sie, auch wenn es manchmal etwas eng wird.

Heute finden sieben Frauen den Weg zu Pilates in der Kirche. Eine von ihnen ist Corinna Felsmann. Die 59-Jährige kennt die Kirche von klein auf. Sie findet es nicht komisch, dass in der Kirche auch Sport gemacht wird. Und Tara Börner, Vorsitzende des Heimatvereins, betont, wie wichtig es für die Ur-Langewahler sei, dass die Kirche genutzt wird.

Nur wenige Kirchengebäude ungenutzt

Von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz heißt es, dass tatsächlich nur ganz wenige Kirchengebäude in der Mark ungenutzt in der Landschaft stehen. „Das ist die Ausnahme“, so ein Sprecher der Landeskirche. Insgesamt zähle die Landeskirche aktuell knapp 1.800 Kirchen, darunter fast 1.530 im Land Brandenburg, etwa 200 in Berlin und rund 60 in Sachsen.

Pfarrerin Pich sagt, die Kirchengemeinde freue sich über das neue Angebot. Die Verbindung zwischen den Menschen im Ort und ihrer Kirche könne nur wachsen, wenn sie mit dem Gebäude in Kontakt kommen, zum Beispiel über den Sport: „Mieteinnahmen nehmen wir nicht.“

Aber die Sportgruppen kümmern sich dennoch um die Kirche. Zum Beispiel haben sie für einen neuen Handlauf am Geländer gesorgt. Einige zahlen einen Obulus von fünf Euro pro Sportstunde. Mit dem Geld soll eine richtige Toilette im Gebäude installiert werden. Aktuell müssen Gäste mit einem Chemie-WC vorliebnehmen, wie sie etwa in Campingmobilen zu finden sind.

Mit „Kirche am Grill“ fing 2024 alles an

Angefangen hat alles im Sommer 2024. Pich und ihre Kollegin Ines Hecht luden die Langewahler zur „Kirche am Grill“ ein: „Dazu sind wir mit dem Rad durchs Dorf gefahren.“ Menschen wurden entweder persönlich eingeladen oder sie erhielten Flyer in die Briefkästen. Viele folgten der Einladung: „Wir haben einen fröhlichen Nachmittag mit Andacht, Aktion, Liedersingen und Grillen verbracht.“ Dabei seien Ideen entstanden, was die Menschen sich in Langewahl für ihre Kirche wünschten: „Unter anderem eine Sportgruppe!“


Daraus sei die Kooperation entstanden. Schließlich hat schon der Apostel Paulus im Brief an die Korinther geschrieben: „…wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist.“ Seitdem ist die Kirchengemeinde auch in Verbindung mit der ehrenamtlichen Bürgermeisterin des Ortes, Bärbel Kleinschmidt. So haben Pich und ihre Kollegin erst einmal erreicht, dass die Kirchengemeinde den Standort nicht schließt.