Frankfurt a.M. (epd). Die Corona-Pandemie verhindert derzeit den Einsatz von Seenotrettungsschiffen auf dem Mittelmeer. „Es ist kein einziges privates Rettungsschiff im Mittelmeer, obwohl weiter Flüchtlingsboote in Seenot sind“, sagte Ruben Neugebauer von der Organisation Sea-Watch am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Helfer seien durch die Maßnahmen gegen das Virus extrem eingeschränkt. „An der Werft in Messina, an der die ‚Sea-Watch 3„ liegt, sind die Läden für Ersatzteile geschlossen.“ Auch könne wegen der Reisebeschränkungen kaum eine Crew zusammengestellt werden. „Es wäre aber sehr wichtig, dass Rettungsschiffe in Einsatz wären.“
Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) wurden in den vergangenen Tagen Hunderte Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa wollten, zurück nach Libyen gebracht. Dort erwartet sie die Inhaftierung in Lagern, in denen Gewalt, Folter und Menschenhandel herrschen. Die Organisation Alarm Phone, die einen Notruf für Flüchtlinge im Mittelmeer betreibt, berichtet immer wieder von verschwundenen Booten und vermissten Personen.
Auch für die Rettungsorganisation Sea-Eye mit ihrem Schiff „Alan Kurdi“ sind die Reisebeschränkungen ein großes Problem. „Unsere Besatzungen bestehen immer aus Menschen aus mindestens sechs Nationen, im Moment ist es nahezu unmöglich, Crews zusammenzusetzen“, erläutert Sprecher Gorden Isler. Wegen der Corona-Krise brächen zudem die Spenden ein. „Für eine kleine Organisation wie uns ist das definitiv existenzbedrohend.“ Die „Alan Kurdi“ liege derzeit im Hafen der spanischen Stadt Burriana und wäre demnächst nach einer Wartung einsatzbereit. „In den nächsten Tagen entscheidet sich, wie es mit Sea-Eye weitergeht.“
Auch die „Ocean Viking“ von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée kann nicht auf das Mittelmeer. „Wir sind bestrebt, unseren lebensrettenden Einsatz so schnell wie möglich wieder aufzunehmen“, erklärten die Organisationen. Doch die Ausnahmesituation wegen der Corona-Pandemie lasse eine sofortige Rückkehr in das zentrale Mittelmeer im Moment nicht zu. Die „Ocean Viking“ bleibe vorerst in einem Mittelmeerhafen stationiert. Das Schiff hatte am 23. Februar 276 Gerettete zum sizilianischen Hafen Pozzallo gebracht und war dort in Quarantäne genommen worden, die Anfang der Woche endete.
Auch die „Sea-Watch 3“ war nach der Anlandung von 194 Flüchtlingen im sizilianischen Hafen von Messina in Quarantäne genommen worden. Die Maßnahmen gegen die Corona-Ausbreitung seien sinnvoll und nötig, betonte Neugebauer. Die Planung möglicher Rettungseinsätze werde jedoch auch dadurch erschwert, dass die Schiffe nach einem Einsatz sofort wieder isoliert würden. „Wir würden aber gerne vermeiden, dass dann auf einmal alle Schiffe gleichzeitig in Quarantäne sind.“
Deshalb koordinierten sich die verschiedenen Organisationen noch enger als bisher, um zu erreichen, dass zumindest ein Schiff auf das Mittelmeer kann und im Anschluss ein weiteres. „Aber die Maßnahmen ändern sich täglich, es ist also fraglich, ob ein Schiff zum vorgesehenen Startpunkt fertig ist.“ Dazu kommt, dass auch das Aufklärungsflugzeug „Moonbird“ der Organisation blockiert ist. „Wegen des Landeverbots auf Malta können wir dort nicht tanken.“