Gemeinsame Stellungnahme
des Bevollmächtigten des Rates der EKD
bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und
des Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin –
zu dem Gesetzentwurf von Jens Spahn et al. „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“ (BT-Drs. 19/11096) und zu dem Gesetzentwurf von Annalena Baerbock et al. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ (BT-Drs. 19/11087)
I. Einleitung
Die vorliegenden Gesetzentwürfe „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“ sowie „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ schlagen eine Änderung der bestehenden Regelungen zur Organspende mit dem Ziel vor, die Zahl der Organspenden in Deutschland zukünftig nachhaltig zu erhöhen.
Die beiden großen Kirchen in Deutschland begrüßen das verfolgte Ziel, halten hierfür jedoch eine grundlegende Änderung der bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Organspende zum jetzigen Zeitpunkt für nicht notwendig. Um die Zahl der Organspenden in Deutschland nachhaltig zu erhöhen, sehen sie vorrangigen Handlungsbedarf in Bezug auf strukturelle und organisatorische Aspekte im Transplantationsverfahren. Das im April 2019 verabschiedete „Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ setzt genau hier an. Die Kirchen haben dieses Gesetz von Anfang an ausdrücklich begrüßt und angeregt, dass die Auswirkungen dieses Gesetzes abgewartet und evaluiert werden sollten, bevor weitergehende Änderungen des Transplantationsgesetzes in Erwägung gezogen werden.[1]
Unter diesem Vorbehalt nehmen die beiden Kirchen zu den vorliegenden Gesetzentwürfen wie folgt Stellung:
Aus Sicht der Kirchen begegnet der „Entwurf zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“ erheblichen rechtlichen und ethischen Bedenken, auf die im Folgenden ausführlicher eingegangen wird. Demgegenüber schlägt der „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ behutsame Modifikationen im bestehenden System vor, die geeignet sind, das Vertrauen in die Organspende zu erhöhen und Menschen zu befähigen, eine informierte Entscheidung zu treffen. Diesen Ansatz begrüßen und unterstützen die Kirchen.
II. Die kirchliche Position zur Organspende
Die Organspende, die für viele Menschen die einzige Möglichkeit auf Lebensrettung ist, verdient aus christlicher Perspektive höchste Anerkennung als Akt der Nächstenliebe und Solidarität über den Tod hinaus. Papst Franziskus hat die Organspende kürzlich sogar als „Akt der sozialen Verantwortung“ und als „Ausdruck der universellen Geschwisterlichkeit, die alle Männer und Frauen miteinander verbindet“, bezeichnet.[2]
Gleichzeitig weisen die Kirchen darauf hin, dass eine Organspende – wie der Begriff schon sagt – von einer freiwilligen Entscheidung getragen sein sollte. Es gibt aus christlicher Sicht sehr überzeugende Gründe, die eigenen Organe anderen Menschen zur Verfügung zu stellen – etwa die Dankbarkeit für das eigene Leben, das ja auch erst durch Solidarität und Beziehung ermöglicht wird. Auch als Akt von hohem moralischem Wert kann eine Spende aber nicht erzwungen werden. Es besteht keine moralische Pflicht, seine Organe posthum zu spenden. Eine rechtliche Pflicht kann es aus diesem Grund erst recht nicht geben.[3]
Aus der grundsätzlich positiven Haltung der Bevölkerung zur Organspende lässt sich keine pauschale Spendenbereitschaft aller Menschen und erst recht keine generelle Zustimmung zur Organentnahme im Einzelfall schließen, denn eine solche erfordert eine umfassende Auseinandersetzung mit den Bedingungen und Konsequenzen einer Organspende. Die Organspende geht nämlich mit schwerwiegenden Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit einher und verändert den Sterbeprozess erheblich. Zwar sind vor einer Organentnahme zwingend alle für das Weiterleben entscheidenden Hirnfunktionen unwiderruflich erloschen. Zugleich aber bildet das Fortbestehen von gewissen Funktionen des Körpers durch organprotektive Maßnahmen eine unverzichtbare Voraussetzung für jede Organtransplantation. Dieser Umstand aber setzt seinerseits medizinisch-therapeutische Maßnahmen während des Sterbeprozesses voraus, die sich von einer palliativen Begleitung des Sterbens grundlegend unterscheiden.
Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist deshalb eine sehr persönliche Entscheidung über das eigene Sterben. Da der Mensch seine Würde im Sterben und auch über den Tod hinaus behält, darf die Freiheit bei dieser sensiblen Entscheidung nicht beschnitten werden. Eine gesellschaftliche Grundentscheidung, dass jeder Mensch grundsätzlich als Organspender anzusehen ist, solange er nicht ausdrücklich widerspricht, entspricht nicht dem christlichen Bild des selbstbestimmten Menschen, der in Freiheit und zugleich in der Verantwortung vor Gott und seinen Mitmenschen über sein Leben und seinen Körper Entscheidungen zu treffen hat.
III. Die Ausgangslage
Die Organspenden-Zahlen des Jahres 2018 zeigen unverkennbar, dass es in Deutschland erheblich mehr Bedarf an gespendeten Organen gibt als tatsächlich zur Verfügung stehen. Mit insgesamt 955 Organspender kamen 2018 auf eine Million Einwohner nur ca. 11,5 Organspender. Gleichzeitig stehen in Deutschland Etwa 9.500 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan.[4]
Voraussetzung für eine ethisch vertretbare und gesellschaftlich akzeptable Lösung des Problems des Organmangels ist die ehrliche Aufarbeitung und Benennung der Ursachen für diesen Missstand. Zu den offensichtlichen Ursachen, die von niemandem ernsthaft bestritten werden, zählen der in Folge diverser Skandale in der Transplantationsmedizin zu verzeichnende Vertrauensverlust vieler Menschen ebenso wie die strukturellen Mängel der Abläufe rund um die Organtransplantation, die mit dem o. g. „Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ (GZSO) angegangen wurden.
Nicht zu diesen Ursachen gehört hingegen das bestehende System der Entscheidungslösung[5]. Denn ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass der Bedarf faktisch höher ist als die Anzahl der überhaupt maximal zur Verfügung stehenden gespendeten Organe. Deshalb ist die Behauptung, dass der Organmangel durch eine Widerspruchslösung behoben werden könnte, irreführend:
Laut Statistik der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) lag die Zahl der möglichen Spender 2018 bei 1.416. Als mögliche Spender werden Verstorbene bezeichnet, bei denen der Tod nach dem Hirntodkriterium festgestellt worden ist und keine medizinischen Ausschlussgründe zur Organspende aufgrund der Organfunktion oder der Gefährdung des Empfängers durch übertragbare Krankheiten vorliegen.[6] Da in den meisten Todesfällen der Herzstillstand vor dem Hirntod eintritt, kommen nur wenige Verstorbene für eine Organspende in Betracht – und zwar völlig unabhängig von der rechtlichen Gegebenheit einer Widerspruchs- oder Entscheidungslösung. 67 Prozent der möglichen Organspender wurden im Jahr 2018 tatsächlich Organspender (2017, 2016: 68 Prozent), also ein viel höherer Anteil als die bisherige geschätzte Zahl erklärter Zustimmungen zur Organspende durch Erklärung in einem Organspendeausweis. Das entspricht im Berichtsjahr 955 Organspendern (2017: 797, 2016: 857, 2015: 877, 2014: 864). Bei 7 Prozent der möglichen Spender gab es medizinische Kontraindikationen. Bei weiteren 24% (= 340 Spender) erfolgte keine Organspende weil dieser nicht zugestimmt wurde. Annähernd die Hälfte aller Entscheidungen für oder gegen eine Organspende basieren hierbei auf dem vermuteten Willen des Spenders und werden durch die Angehörigen getroffen.[7]
Auch wenn man mit bestimmten strukturellen Änderungen die Zahl der Zustimmungen wahrscheinlich noch erhöhen könnte, kann sich die Einführung der Widerspruchslösung rein faktisch nur bei einem Teil der 24 % der Fälle auswirken, bei denen es bisher wegen fehlender Zustimmung nicht zur Organspende kam. Dies hätte im Jahr 2018 eine Steigerung von 340 Spendern bedeutet. Gegengerechnet werden müssten aber andererseits diejenigen, die bisher zur Organspende bereit waren, aber sich gegen einen staatlich verordneten Zugriff auf ihre Organe zur Wehr setzen würden, indem sie nunmehr der Organentnahme widersprechen. Auch diese Fälle sind zunehmend wahrzunehmen.
Zudem zeigt sich im Ländervergleich, dass eine Widerspruchslösung nicht im kausalen Zusammenhang mit einer Erhöhung der Organspendezahlen steht, weil sehr spezifische Faktoren in einzelnen Ländern für höhere oder niedrigere Zahlen von Organspenden verantwortlich sind. So gibt es in Griechenland zwar eine Widerspruchslösung, die Zahl der Spender (5,8 pro Million Einwohner) liegt trotzdem sogar deutlich unter der Zahl der Spender in Deutschland (11,5 pro Million Einwohner). Erfahrungen aus Spanien, europäischer Spitzenreiter mit 46,9 Organspenderinnen und Organspendern pro 1 Million Einwohner zeigen, dass nicht die Art der gesetzlichen Regelung, sondern vielmehr die strukturellen Voraussetzungen in Bezug auf die Abläufe und die Zusammenarbeit der verantwortlichen Stellen ausschlaggebend sind für die Erhöhung der Spenderzahlen, außerdem auch die Tatsache, dass Explantationen bereits nach einem sogenannten Herz- bzw. Kreislauftod vorgenommen werden[8]
IV: Zu den Gesetzentwürfen im Einzelnen
a. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz
i. Zu Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes § 1 Abs. 1
Nach der Vorschrift soll grundsätzlich jede Person als Organ- und Gewebespender gelten, es sei denn, es liegt ein zu Lebzeiten erklärter Widerspruch oder ein der Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehender Wille vor. Die Vorschrift deutet somit eine Nicht-Erklärung oder das Unterlassen des Widerspruchs gleichsam als Zustimmung zur Organentnahme und arbeitet jedenfalls ausweislich der Entwurfsbegründung mit einer gesetzlichen Fiktion[9], die den in Deutschland geltenden (medizin-)ethischen Prinzipien und dem geltenden Medizinrecht ansonsten fremd ist. Diese sind durchgängig vom Erfordernis der informierten Einwilligung (informed consent) als Ausübung der Patientenautonomie geprägt, während diese Vorschrift ein starkes fremdbestimmendes Moment in den Entscheidungsprozess einbringt. Zudem würde diese Regelung ausgerechnet in einem Entscheidungsfeld, in dem es um Leben, Sterben und Tod geht, einer starken Rechtfertigung bedürfen angesichts der Tatsache, dass sich der Rechtsstaat in anderen Sphären des rechtlich geordneten Zusammenlebens nicht auf eine nur vermutete bzw. solcher Art gedeutete Zustimmung der Betroffenen verlässt.[10]
II. Zu Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes § 2 Abs.1 und 1a
Durch § 2 Abs.1 und 1a TPG soll der Umfang der Aufklärung über die Organspende bestimmt werden. Nach Absatz 1 sollen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sowie die Krankenkassen die Bevölkerung regelmäßig durch Aufklärungs- und Informationsmaterialien über die Organspende aufklären. Absatz 1a sieht außerdem vor, dass Personen, die das 16. Lebensjahr vollenden, schriftlich über die geltende Rechtslage informiert werden sollen. Diese Information ist innerhalb von sechs Monaten zweimal zu wiederholen. Die Kirchen halten dieses Niveau an Aufklärung und Information nicht annähernd für ausreichend. Die generelle regelmäßige Aufklärung der Bevölkerung hat sich schon bisher nicht als zielführend erwiesen. Und die stärker aufsuchende Information lediglich der jungen Menschen wird der Sensibilität des Themas und der gewünschten Entscheidung zur Organspende nicht gerecht und bleibt weit hinter einer fundierten Aufklärung im Einzelfall zurück. Die Kirchen betrachten eine kontinuierliche, ausführliche und ehrliche Aufklärung in den verschiedenen Lebensphasen als absolut notwendig, um die Menschen zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung zu befähigen und das Vertrauen in die Transplantationsmedizin wieder herzustellen. Hierzu genügt keine allgemeine Zurverfügungstellung von Informationen etwa im Internet oder durch Broschüren. Es bedarf stärker einer persönlichen, aufsuchenden Information und Aufklärung.
III. Zu Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes § 2a
§ 2a TPG sieht die Einführung eines Registers für Erklärungen zur Organ- und Gewebespenden vor. Die Kirchen begrüßen diese Maßnahme und gehen davon aus, dass ein Organspenderegister die Spenderidentifikation im Krankenhausalltag erheblich erleichtern und sich positiv auf die Zahl der Organspenden auswirken wird.
iv. Zu Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes § 4 Abs. 3 und 4
§ 4 Absätze 3 und 4 TPG regeln die Rolle der Angehörigen im Fall einer nicht vorhandenen schriftlichen Erklärung des bzw. der Verstorbenen. Nach den derzeit geltenden Regelungen werden in diesem Fall die Angehörigen gefragt und dürfen unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des potenziellen Organspenders letztendlich über die Organentnahme entscheiden. Eine Organspende ist nur dann zulässig, wenn die Angehörigen entsprechend unterrichtet wurden und einer Spende ausdrücklich zugestimmt haben. Nach der neuen Regelung sollen die Angehörigen zwar danach befragt werden, ob ihnen ein schriftlicher Widerspruch oder ein der Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehender Wille des möglichen Organ- oder Gewebespenders bekannt ist, eine Organentnahme ist aber im Gegensatz zu der jetzigen Regelung zulässig, wenn dies nicht der Fall ist. Der Begriff der „doppelten“ Widerspruchslösung ist hier irreführend, da den Angehörigen kein eigentliches Entscheidungsrecht mehr zusteht. Die Kirchen lehnen es ausdrücklich ab die Rolle der Angehörigen derart zu schwächen, denn diese sind in der Regel von einer Organspende besonders „betroffen“. Eine solche Regelung würde – ein in der Debatte oft übersehener Aspekt – in erheblicher Weise die Angehörigen des für eine Organspende in Frage kommenden Menschen belasten. Diese befinden sich in einer ohnehin emotional extrem belasteten Situation, weil ihr Angehöriger – möglicherweise sogar unerwartet – verstorben ist. Die Entscheidung über eine Organentnahme verlangt ihnen eine zusätzliche Anstrengung ab. Diese Entscheidung dann auch noch dadurch zu belasten, dass eine Organ“spende“ gesellschaftlich erwartet wird, ja rechtlich verpflichtend ist, ist aus seelsorgerlicher Perspektive nicht vertretbar. Eine Widerspruchslösung vernachlässigt nicht nur die wichtige Rolle der Angehörigen und das Gespräch mit ihnen im Sterbeprozess, sondern schadet weiter dem Vertrauen in den Prozess der Organspende, indem das Gefühl vermittelt wird, dass ohne ausdrückliche entgegenstehende Willensbekundung des Verstorbenen staatlich verordnet auf dessen Körper zugegriffen werden kann.
b. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende
i. Zu Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes § 2
Art. 1 § 2 TPG sieht vor,
- dass die Menschen zukünftig auf verschiedene Art und Weise über die (Voraussetzungen der) Organspende informiert werden,
- auf die Möglichkeit zur Dokumentation der eigenen Entscheidung hingewiesen,
- und zum Eintrag der Entscheidung in ein Organspenderegister ermutigt werden.
§ 2 TPG normiert, dass Bund und Länder sicherstellen sollen, dass den für die Ausstellung und die Ausgabe von Personalausweisen, Pässen oder Passersatzpapieren sowie eID-Karten zuständigen Stellen Aufklärungsunterlagen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Verfügung gestellt werden und diese auf die Möglichkeit hinweisen, sich vor Ort in das Organspenderegister einzutragen. Auch wird bestimmt, dass Hausärzte ihre Patienten regelmäßig darauf hinzuweisen haben, dass sie mit Vollendung des 16. Lebensjahrs eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben können, und ergebnisoffen über die Organspende beraten. Die Kirchen begrüßen es, dass der Entwurf verschiedene Maßnahmen vorsieht um die Menschen zukünftig besser und gleichzeitig ergebnisoffen über die Organspende aufzuklären und zu einer Entscheidung zu motivieren. Aufgrund des hohen moralischen Werts der Organspende ist dies sinnvoll und zumutbar. Die Freiwilligkeit der Entscheidung bleibt Voraussetzung und dennoch wird deutlich gemacht, dass eine Entscheidung zur Organspende von großer Bedeutung ist. Die Kirchen geben lediglich zu bedenken, dass die Ausgabe der Ausweisdokumente i.d.R. eine Länderangelegenheit ist, und regen deshalb an zu überprüfen, ob der Entwurf an dieser Stelle auf unzulässige Weise in die Länderhoheit eingreift. Nach Klärung etwaiger Kompetenzfragen sollten die organisatorischen Einzelheiten jedenfalls in Zusammenarbeit mit den Ländern und der BzGA weiter erarbeitet werden.
ii. Zu Artikel 1 Änderung des Transplantationsgesetzes § 2a
Die Kirchen begrüßen auch im Hinblick auf diesen Entwurf die Einführung eines Registers für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende sowie die Möglichkeit, seine Entscheidung zur Organ- und Gewebespende jederzeit einzutragen, zu ändern und einzusehen.
iii. Zu Art. 3 Änderung der Approbationsordnung für Ärzte
Die Approbationsordnung für Ärzte soll dahingehend geändert werden, dass Ärzte ausreichend über die Entnahme und Übertragung von Organen und Gewebe, insbesondere die medizinischen, rechtlichen und ethischen Voraussetzungen unterrichtet werden. Die Kirchen unterstreichen, dass Ärzte sowie Pflegepersonal sich bereits in der Ausbildung ausreichend mit dem Thema Organspende und deren rechtlichen und ethischen Aspekten befassen sollten. Die umfassende Ausbildung der Ärzte und des Pflegepersonals ist Voraussetzung für einen professionellen Umgang mit dem Thema Organspende im Klinikalltag und Grundlage für die notwendigen Gespräche mit den Angehörigen.
Berlin, den ……..
[1] Siehe gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO) vom 24. September 2018 (https://www.kath-buero.de/files/Kath_theme/Stellungnahmen/2018/Gemeinsame%20Stellungnahme%20zum%20Referentenentwurf%20eines%20Gesetzes%20fuer%20bessere%20Zusammenarbeit%20und%20bessere%20Strukturen%20bei%20der%20Organspende%20(GZSO).pdf )
[2] Äußerung Papst Franziskus vom 13. April 2019
[3] Vgl. Handreichung der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz „Hirntod und Organspende“ vom 27. April 2015 (https://www.dbk-shop.de/media/files_public/mntkwpoviym/DBK_1241.pdf)
[4] https://www.organspende-info.de/zahlen-und-fakten/statistiken.html
[5] Die Entscheidungslösung wurde mit dem „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz“ vom 12. Juli 2012 eingeführt und stellt eine Abwandlung der erweiterten Zustimmungslösung dar. Es können nur dann Organe und Gewebe entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt hat. Falls keine Dokumentation der Entscheidung der verstorbenen Person vorliegt, werden die nächsten Angehörigen oder Bevollmächtigten gebeten, im Sinn der verstorbenen Person über eine Organ- und Gewebespende zu entscheiden. Zusätzlich sollen die Bürgerinnen und Bürger regelmäßig mit neutralen und ergebnisoffenen Informationen versorgt werden, damit sie eine sichere Entscheidung für oder gegen die Organ- und Gewebespende treffen können. (https://www.organspende-info.de/gesetzliche-grundlagen/entscheidungsloesung.html)
[6] DSO Jahresbericht; https://www.dso.de/organspende/statistiken-berichte/jahresbericht
[7] Siehe Statistik im Jahresbericht 2018 der DSO (https://www.dso.de/SiteCollectionDocuments/DSO_Jahresbericht_2018.pdf)
[8] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/226978/umfrage/anzahl-postmortaler-organspender-in-ausgewaehlten-laendern/
[9] Als (gesetzliche) Fiktion bezeichnet die Rechtswissenschaft „die normative Annahme eines Sachverhalts als gegeben, der in Wirklichkeit nicht besteht (sprachlich meist ausgedrückt durch eine Form von gelten), um hieraus die Ableitung sonst nicht möglicher Rechtsfolgen vornehmen zu können“. (Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf. 3. Aufl. Berlin: Bibliographisches Institut 2015. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S.174.)
[10] Vgl. Stellungnahme des Ethikrates katholischer Träger von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen im Bistum Trier, 2019, https://www.pthv.de/fileadmin/user_upload/ALTE_ORDNER/PDF_Theo/Ethikrat/Stellungnahmen_und_Empfehlungen/Stellungnahmen_%C3%B6ffentlich/Stellungnahme_Organspende.pdf , S.21.