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„Die Menschen hier haben Angst“ – EKD


„Die Menschen hier haben Angst“, sagte Wildfang. „Jeder kennt einen, der an Corona erkrankt ist.“ Und auch bei einem gebrochenen Bein oder einer Kolik gebe es vielleicht keine Hilfe, weil die Krankenhäuser überfüllt seien. Seit August vorigen Jahres betreut Wildfang im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Deutschsprachige Protestantische Gemeinde für Nordindien, Nepal und Bangladesch. 

Derzeit verlässt der 62-Jährige seine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche im Südwesten der indischen Hauptstadt nicht. „Wir haben eine Ausgangssperre, ich bin immer drin“, sagte er. Trinkwasser und Nahrungsmittel bekomme er geliefert, nach 18 Uhr, wenn es etwas kühler werde, laufe er Runden auf seiner Dachterrasse. 

Wildfang versucht, seiner Gemeinde beizustehen, den Menschen zuzuhören, sie zu ermutigen: „Ich möchte keine guten Tipps von außen geben, sondern in der Krise hier mit ihnen leben.“ Die etwa 2.000 Menschen seiner Gemeinde sind zu rund 80 Prozent für internationale Unternehmen oder Organisationen tätig. Viele seien nach Deutschland zurückgekehrt. Aber nicht alle hätten gehen können, sagte Wildfang: „Sollen die mit deutschem Pass gehen und ihre Partner zurücklassen?“

Ihn erreichen viele düstere und angsterfüllte Anfragen: „Was sollen wir bloß tun?“ Seine online-Gesprächsangebote würden sehr gut angenommen. „Die Menschen schütten ihr Herz aus“, sagte er. „Oft bitten sie um den Segen und um eine Fürbitte, um ein Gebet.“ 

Den meisten seiner Gemeindemitglieder gehe es ganz gut, aber „die seelische Anspannung ist enorm“, fügte der Theologe hinzu. Denn das Gesundheitssystem in Indien steht vor dem Kollaps, Sauerstoff für Covid-19 Erkrankte ist vielerorts knapp. Rund 18 Millionen Infektionen sind inzwischen bestätigt. Am Mittwoch wurden mehr als 360.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet. Die Krematorien sind überlastet. Mitverantwortlich für die dramatische Lage ist die Corona-Mutante B.1.617. 

Etwa 140 Millionen der knapp 1,4 Milliarden Inder sind geimpft. „Hier wird 24 Stunden am Tag geimpft“, berichtete Wildfang. Auch er selbst hat schon zwei Spritzen bekommen. Er plant nicht, das Land zu verlassen. „Unser Glaube hilft und trägt“, sagte er.