Leib Christi, Institution, Unternehmen, Verein, Netzwerk, Gemeinschaft der Heiligen – die Vorstellungen davon, was Kirche ist und was sie sein könnte, waren schon immer vielfältig, widersprüchlich und strittig. In der evangelischen Tradition ist Kirche dort, wo „das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden“ (CA VII).
Angesichts steigender kirchlicher Online-Aktivitäten und Netzwerke gerade angesichts der außerordentlichen Herausforderungen durch die pandemiebedingten Einschränkungen des analogen kirchlichen Lebens stellen sich viele Fragen neu und dringlicher: Wo, wer oder was ist eigentlich Kirche? Wo und wie wird gepredigt und werden die Sakramente gereicht? Wie verändert sich das religiöse Bewusstsein? Wie stehen die unterschiedlichen Formen von Offline- und Online-Kirche zueinander? Was verändert sich, wenn die „Zirkulation des religiösen Bewusstseins“ auch im digitalen Raum in Gang kommt? Was heißt „Priestertum aller Gläubigen“? Wie viel Professionalität, Ordnung und Hierarchie sind nötig?
Der erste Workshop fand im Oktober 2020 zum Thema „Gottesdienst und Verkündigung“ statt. In den Blick kam die Predigt selbst, angeregt durch einen Impuls von Prof. H. Schwier (Praktische Theologie, Heidelberg). W. Loest (Pfarrer, Detmold) berichtete aus der Praxis der Online-Gemeinde kirche.plus. Weitere Einblicke in bestehende Formen digitaler Gottesdienste ermöglichte der Bericht zur internationalen Studie CONTOC, den Prof. I. Nord (Praktische Theologie, Würzburg) und Prof. T. Schlag (Praktische Theologie, Zürich) gaben. Strategische Fragen rund um #digitaleKirche aus kirchenleitender Perspektive brauche OKR M. Kreplin (Evangelischer Oberkirchenrat, Karlsruhe) ein. Die kurzen einführenden Impulse wurden ausführlich diskutiert, auch anhand der vorbereiteten Thesenreihen.
Im Januar 2021 wurde im Rahmen des zweiten Workshops das „digitale Abendmahl“ diskutiert. Prof. F. Nüssel (Systematische Theologie, Heidelberg) skizzierte einführend die berührten dogmatischen Frageperspektiven. Ein Gespräch zwischen Dr. C. Picker (Ev. Akademie der Pfalz) und Prof. C. Markschies (Kirchengeschichte, Berlin) spann einen historischen Rahmen unterschiedlicher Debatten um das Abendmahl. Dr. F. Vogelsang (Ev. Akademie im Rheinland) entwickelte medientheoretische und theologische Perspektiven auf unterschiedliche Praktiken digitalen Abendmahls. Landesbischof Prof. J. Cornelius-Bundschuh (Evangelischer Oberkirchenrat, Karlsruhe) stellte die Kraft des Abendmahls für den Glauben in seinen Überlegungen aus kirchenleitender Perspektive in den Mittelpunkt.
Der dritte Workshop im April 2021 fokussierte auf „Amt und Gemeinschaft“ im Digitalen. PD Dr. F. van Oorschot (FEST Heidelberg) nahm das Kirchenbild der Kirche als Netzwerk in den Blick und beleuchtete die Veränderungen im Verstehen von Kirche aus dogmatischer Perspektive. Einen Blick in die Gemeindewirklichkeit ermöglichte der Beitrag von Prof. I. Nord (Praktische Theologie, Würzburg) und Prof. T. Schlag (Praktische Theologie, Zürich) zu Amt und Gemeinschaft in digitalen Identitätsstiftungs- und Vergewisserungsprozessen. N. Ballmann (Pfarrer, Köln) berichtete aus seiner Gemeindearbeit und Dr. H. Gorski (EKD/VELKD, Hannover) hinterfragte aus hermeneutischer Perspektive das allzu selbstverständliche Reden von Amt und Gemeinschaft.
Im zweiten Workshop zum Abendmahl wurde deutlich, dass die dogmatischen Perspektiven sehr eng mit der liturgischen Gestaltung verbunden sind: Wie können die Dynamiken und Dimensionen des Abendmahls, die dogmatisch im Zentrum stehen, in den liturgischen Vollzügen gestaltet werden? Der vierte, ergänzende Workshop „Digitales Abendmahl im liturgischen Vollzug“ zielt auf die Reflexion dieser Frage in praktischer und liturgiewissenschaftlicher Perspektive. Der Workshop findet am 11. Juni statt und wir freuen uns auf Beiträge von F. Erichsen-Wendt (Pfarrerin und Studienleiterin, Hofgeismar), A. Kuhla (Pfarrerin, Berlin), Prof. R. Kunz (Praktische Theologie, Zürich) und Prof. H. Schwier (Praktische Theologie, Heidelberg).
Die Abschlusstagung findet vom 17.-18. September 2021 in Landau statt. Unter der Überschrift „Update – Was macht die Digitalisierung aus der Kirche? Was macht die Kirche aus der Digitalisierung?“ sollen die Entwicklungen in der #digitalenKirche in den Kontext der breiteren gesellschaftlichen Fragen gestellt werden. Dazu eine herzliche Einladung!
Die digital abgehaltenen Workshops wurden per Video dokumentiert und stehen online zur weiteren Diskussion bereit. Die Vorträge werden in Themenheften des Evangelischen Pressedienstes begleitend publiziert.