Dass die Nähe zu Gott und Barmherzigkeit und Wohltätigkeit gegenüber anderen zusammengehören, ist eine Einsicht, die sich sowohl im Islam als auch im Christentum findet. Das Jahr 2022 steht unter der biblischen Losung „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“ (Johannes 6,37). Dieser Satz Jesu Christi hat Auswirkungen auch auf unser menschliches Verhalten untereinander. Aktuell denke ich dabei besonders an die vielen Menschen, die vor Krieg und Zerstörung aus der Ukraine fliehen. Sie aufzunehmen und Ihnen Schutz zu gewähren, ist ein Gebot christlicher Nächstenliebe. Schon in den zurückliegenden Jahren haben wir erlebt, wie sich Christinnen und Christen Seite an Seite mit Musliminnen und Muslimen in diesem Land für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen aus dem Krieg in Syrien und aus anderen Ländern eingesetzt haben. Das sind ermutigende Zeichen und Entwicklungen inmitten aller Rückschläge und Enttäuschungen.
Der Glaube hilft uns, den anderen Menschen mit den Augen Gottes zu sehen. Dazu gehört, ihn nicht aufgrund seiner Herkunft, seiner Nationalität oder auch seiner Religionszugehörigkeit zu beurteilen, sondern ihn in seiner Menschlichkeit und in seiner Hilfsbedürftigkeit wahrzunehmen. Mir ist sehr daran gelegen, dass wir dabei nicht mit zweierlei Maß messen. Es gibt keine Flüchtlinge erster oder zweiter Klasse, es gibt nur Menschen, die unserer Hilfe bedürfen. Der Glaube ist eine Quelle tätiger Nächstenliebe. Ich habe großen Respekt vor allen Menschen, die wie jetzt im Monat Ramadan ihren religiösen Geboten und Regeln folgen, um daraus Kraft zu schöpfen, sich für ein friedliches und gerechtes Zusammenleben einzusetzen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und Gemeinden eine gesegnete Zeit im Monat Ramadan und alles Gute für das abschließende Fest des Fastenbrechens.
Herzliche Grüße!
Ihre
Annette Kurschus
Präses Dr. h.c. Annette Kurschus
Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland