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Ein Wimmelbuch der Bibel – EKD


Seit 50 Jahren gibt es in Plößberg alle fünf Jahre eine große Krippenausstellung. Bislang wurden dabei die Hauskrippen der etwa 20 Laienschnitzer am Ort aneinandergereiht. 2020 wäre es wieder so weit gewesen – das 50-jährige Bestehen der Ausstellung stand an. Doch dann funkte Corona dazwischen. Haubner entschied kurzerhand: „Wir bauen die größte Krippe der Welt.“

Die Plößberger sind nicht nur einfach Krippensammler. Sie bauen ihre Krippen selbst und schnitzen die Figuren dazu. „Im Oktober wird jeder Plößberger nervös, sucht sein Schnitzmesser und versucht, seine Hauskrippe zu erweitern und zu verschönern“, erzählt er. Ein geübter Krippenschnitzer brauche etwa acht Stunden für eine Figur. Corona hat ihnen viel Zeit gelassen, ihre Kunstwerke zu ergänzen.

Die nun entstandene Krippenschau zeigt mehr als nur die Weihnachtsgeschichte. Zentrale Szene bleibt die Geburt Jesu. Aber es geht auch um die Zeit von 100 vor Christus bis 200 nach Christus, und die Vielfalt der Figuren reicht bis in die Neuzeit. „Auch Kleopatra, Herodes und Napoleon sind dabei“, sagt Haubner und deutet auf eine Figur, die mit Dreizack auf weißem Pferd sitzt: Napoleon, wie er im 18. Jahrhundert die Grenze zur Oberpfalz überschreitet.

15 historische Städte sind in die gewaltige Landschaft eingebettet, darunter Bauwerke aus der Geschichte, dessen archäologische Baupläne sie sich extra besorgt haben: das Herodium, die Palast- und Festungsanlage von Herodes dem Großen. Links davon steht ein Löwe als Symbol des Christentums. Aber auch die Städte Jericho, Marsada und Macheros, die Todesstätte von Johannes dem Täufer, finden Platz in der biblischen Szenerie. Das Ganze wirkt wie ein gigantisches Wimmelbuch der Bibel.

Vor etwa 250 Jahren haben Glasofenbauer die Krippen-Tradition in Plößberg etabliert. In den Sommermonaten zogen sie nach Böhmen, Tirol, Thüringen und Italien aus, um dort die Glasschmelzöfen zu mauern. Während der Winterzeit produzerten sie in ihrer Heimat im Oberpfälzer Wald die Krippenfiguren im Nebenerwerb. Ihre Eindrücke aus den fernen, fremden Städten verbauten sie in den Krippen. „Dieses Brauchtum führen wir seitdem uneingeschränkt fort“, erläutert Krippenwart Haubner.

Seit Mitte Oktober haben die Mitglieder des Oberpfälzer Waldvereins den Kultursaal in Plößberg in eine begehbare Krippe umgebaut. Jeden Abend seien sie um die 25 Leute gewesen, an den Wochenenden sogar bis zu 40, die geholfen haben, die Krippenlandschaft aufzubauen.

Ins Guinness-Buch der Rekorde wollen die Krippenbauer aber nicht. Der Aufwand und die Kosten wären zu hoch gewesen. „Es geht hier nicht um einen Rekord, sondern um das Brauchtum“, sagt Haubner. Selbst wenn kein Mensch in die Ausstellung kommen würde, „wäre es das schönste Erlebnis in meinem Leben, diese Krippe mitgebaut zu haben“.

Von Gabriele Ingenthron (epd)