Der Neustart findet wegen der Hygiene- und Abstandsregeln unter besonderen Bedingungen statt. „Wir werden deutlich weniger Teilnehmer begrüßen können“, sagte Klaus Holz, Generalsekretär des Dachverbandes der Evangelischen Akademien in Berlin, dem Evangelischen Pressedienst (epd). So könnten Veranstaltungen, die mit 100 Tagungsgästen geplant waren, jetzt nur mit 20 bis 30 Personen stattfinden. „Das wird ein anderes Miteinander sein, wenn dann jeder an seinem Tisch sitzt“, sagte Holz.
Protestantisch, weltoffen, streitbar
Die 17 Evangelischen Akademien in Deutschland, die an die Landeskirchen angebunden sind, verstehen sich als Orte der Begegnung und des Austausches. Auf ihren Tagungen werden aktuelle gesellschaftspolitische, ethische, wissenschaftliche und religiöse Themen oft kontrovers diskutiert. „Protestantisch, weltoffen, streitbar“ lautet das Motto der Akademien. In einem normalen Jahr stehen dort rund 2.000 Veranstaltungen mit mehr als 100.000 Teilnehmern auf dem Programm.
Die Evangelische Akademie im schwäbischen Bad Boll bereitet derzeit die Wiederaufnahme der Tagungen vor. Zwei Vor-Ort-Veranstaltungen sind für die zweite Juni-Hälfte geplant, mit besonderen Hygienemaßnahmen und deutlich weniger Teilnehmern als vor der Krise. Bis Ende Juli wird es nur eintägige Veranstaltungen ohne Übernachtung geben. Die Evangelische Akademie Villigst im westfälischen Schwerte plant die Wiederaufnahme der Tagungen ebenfalls mit stark reduzierter Teilnehmerzahl für Mitte August.
Digitale „Sofa-Akademie“
Auch an der Evangelischen Akademie im niedersächsischen Loccum konnten nach dem Ausbruch der Epidemie bis Ende Mai keine Präsenzveranstaltungen in gewohnter Form stattfinden. Die Tagungen wurden zum größten Teil um mehrere Monate verschoben oder in Online-Veranstaltungen umgewandelt. Seit kurzem gibt es wieder kleine Präsenzveranstaltungen mit bis zu 40 Personen. Einige Veranstaltungen werden als reine Online-Konferenzen angeboten.
So gehen einige der Häuser wie die Evangelische Akademie Frankfurt in der Krise neue Wege. Dort war im Tagungshaus schon kurz vor der Krise moderne Kameratechnik eingebaut worden. Die Akademie konnte nach dem Ausbruch der Pandemie ihr bereits entwickeltes Konzept einer digitalen „Sofa-Akademie“ umsetzen und geplante Präsenz-Veranstaltungen in Formate umwandeln, die als Videos oder Livestreams im Internet zugänglich sind. Auch im zweiten Halbjahr 2020 sollen die meisten Veranstaltungen nur digital angeboten werden.
„Ein Schub an digitaler Entwicklung“
„Die Pandemie bedeutet für uns einen Verlust an persönlicher Begegnung – und zugleich einen Schub an digitaler Entwicklung“, resümiert der Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt, Thorsten Latzel. Aus Sicht des Generalsekretärs der Evangelischen Akademien, Holz, bieten digitale Formate die Chance, den Diskurs weiter zu führen. Sie könnten aber die Begegnung zwischen Menschen nicht ersetzen. Zudem mache man die Erfahrung, dass digitale Formate nicht alle erreichen.
Auch an den Akademien in Berlin, Hofgeismar und Villigst werden Ersatzformate wie Online-Konferenzen und Webinare erprobt. Wann der reguläre Tagungsbetrieb wieder starten kann, steht noch nicht an allen Häusern fest. So ist noch ist noch nicht absehbar, ob an der Evangelischen Akademie zu Berlin ab August wieder Tagungen stattfinden können. Auch an der Evangelischen Akademie im nordhessischen Hofgeismar ist noch unklar, wann es wieder Tagungen geben wird.
Jürgen Prause (epd)