Superintendentin Claudia Müller-Bück vom Evangelischen Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel zeigt Verständnis für Angehörige, die trotz Einladung nicht am zentralen Gedenkgottesdienst teilnehmen. „Diese Orte der Begegnung und des Miteinanders in der Nachbarschaft, mit den Familien sind mindestens so wichtig wie die hochoffiziellen Gedenkfeiern.“ Beeindruckend viel Hoffnung und Zuversicht erlebt sie bei den Menschen, „aber auch viel Erschöpfung und Leere“ nach all den Anstrengungen der vergangenen zwölf Monate. „Wir müssen uns Zeit geben, dass die Seele hinterherkommt.“
In dem Gottesdienst unterstreicht der rheinische Präses Thorsten Latzel, dass Hilfen und persönliche Anteilnahme weiter wichtig blieben. „Es ist wichtig, sorgsam zuzuhören. Hinzuhören auf das, was die Menschen sehr Verschiedenes erfahren haben“, sagt der evangelische Theologe in seiner Predigt. Die Flutkatastrophe habe an jedem Ort ein „anderes Gesicht“ gehabt. Für Außenstehende sei nur schwer zu begreifen, was die Flut für die Betroffenen bedeute und wie sie das Leben seitdem verändert habe.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnt nach dem Gottesdienst weitere unbürokratischer Hilfe für die Flutgebiete an. Er könne sich vorstellen, dass viele Menschen „das Gefühl haben, dass vieles zu lange dauert, zu langsam vorangeht“. Dennoch sei sichtbar, was die Menschen trotz des unermesslichen Schmerzes und der Verzweiflung angesichts der vielen Verluste beim Wiederaufbau geleistet hätten, „und davor habe ich enormen Respekt.“
Ministerpräsident Wüst kündigt an, das Land werde einen Gedenkort mit einem Baum für jeden der 49 Toten in Nordrhein-Westfalen errichten. Weitere Menschen aus Nordrhein-Westfalen waren in Rheinland-Pfalz gestorben. Die Katastrophe im vergangenen Sommer sei „ein Einschnitt in der Geschichte unseres Landes“, sagt der Ministerpräsident. Wie der Bundespräsident dankt auch Wüst für die große Solidarität und Hilfsbereitschaft von Menschen aus ganz Deutschland.
Auch zehn Seelsorgende, darunter eine Muslima, sind in der Herz-Jesu-Kirche, immer gut zu erkennen mit ihren lila-bunten Jacken. Einige lesen Fürbitten, andere schauen mit wachem Blick, ob von der Trauergemeinde jemand persönliche Hilfe oder Trost benötigt. Der Kölner Generalvikar Monsignore Guido Assmann erklärt, Worte wie Angst, Lähmung, Verzweiflung seien eigentlich noch zu schwach, um das Geschehene zu beschreiben.
Superintendentin Claudia Müller-Bück vom Evangelischen Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel zeigt Verständnis für Angehörige, die trotz Einladung nicht am zentralen Gedenkgottesdienst teilnehmen. Sie verweist darauf, dass in allen betroffenen Kommunen zum Jahrestag ökumenische Andachten und Versammlungen gibt.
So auch in der Euskirchener Innenstadt. Hier ist Gregor Weichsel, evangelische Pfarrer in Euskirchen, bei einer öffentlichen Gedenkstunde der Stadt in einem Park hinter dem seit der Flutnacht geschlossenen „City-Forum“. „Jedes Gewitter löst auch bei mir neu Ängste aus“, sagt der Pfarrer. Er habe seit dieser traumatischen Nacht „ein angespanntes Verhältnis zu Dauerregen und großen Pfützen“.
Genau zu der Zeit, als vor einem Jahr das Wasser immer weiter stieg, legen die Menschen hier Blumen nieder. Und wieder läuten die Glocken, dieses Mal aller Kirchen. „Wir wollen weiter für die Menschen da sein“, sagt Pfarrer Weichsel und findet: „Die Menschen sind in der Katastrophe zusammengerückt und das ist geblieben.“
An vielen Orten der Flutgebiete gibt es an diesem Tag Gedenkveranstaltungen. Im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr gedenkt Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gemeinsam mit Helfern sowie mit Angehörigen der Opfer.