Grosdidier holt tief Luft und beginnt, die vielen erfolgreichen Beispiele aufzuzählen, vermeintliche Kleinigkeiten, aber auch große Projekte: Für saubere Wäsche brauche zum Beispiel niemand mehr in der Gegend herumzufahren. Denn Bad Boll wasche in der eigenen Wäscherei und mit Ökowaschmitteln. Erdgas betreibe die Trockner. Energie gewinne die Tagungsstätte aus einem eigenen Blockheizkraftwerk und einer Pelletsheizung, Strom aus Solaranlagen.
Die Aufzählung nimmt gar kein Ende, so weit ist die Tagungsstätte mittlerweile. Da sind zum Beispiel die rund 40 Toiletten, die aus Regenwasser gespeist würden, erzählt Grosdidier. Oder der NABU-Naturgarten, der schon im kommenden Jahr Insekten und heimische Reptilien beheimaten soll. Aber nachhaltig heiße in Bad Boll auch, dass sechs körperlich und geistig eingeschränkte Menschen in Küche und Garten mitarbeiten würden. 60 Mitarbeiter hat die Tagungsstätte insgesamt. Es gehe neben der Umwelt auch um soziale Verantwortung, betont Grosdidier.
Besonders stolz ist Grosdidier auf die neue Live-Übertragungstechnik, die mehr als 200 Gäste in verschiedenen Tagungsräumen vor Ort verbindet. Noch dazu könnten bis zu 1000 weitere Personen teilnehmen und Referenten von weither dazugeschaltet werden. So werde Kohlendioxid vermieden, auch eins der Ziele des Hauses. „Wir sind ein Leuchtturmprojekt. Es gibt in Baden-Württemberg höchstens zehn Betriebe, die auf diesem technischen Stand arbeiten.“
Vor etwa 20 Jahren begann auch in Bad Boll die Diskussion um Müllvermeidung, lange Lieferwege und faire Produkte, erinnert sich Marianne Becker. Seitdem gab es viele Workshops, viele Gespräche und Diskussionen. „So waren alle Mitarbeitenden eingebunden“, erzählt Becker. „Wir waren uns alle einig, dass wir eine lebenswerte und enkeltaugliche Welt hinterlassen wollen.“ Als kirchliches Haus müsse man Vorbild sein, sagt sie. Auch wenn dazu sehr viel mehr Aufwand gehöre.
In den Jahren seien viele Dinge umgestellt worden, das Haus habe ein klares Profil gewonnen, sagt Grosdidier stolz. „Und wir haben noch viel vor. Bis Oktober sollen die Behälter für Reinigungsmittel vergrößert und damit PVC-Verpackungsmüll eingespart werden. Im kommenden Jahr soll der Check-In und die Gästemappe digital werden. Die Schöpfung zu bewahren, ist anstrengend“, sagt Grosdidier. „Und dennoch befriedigend und erfüllend.“
Sven Kriszio